Gerade mit Blick auf das Thema des Welternährungstages ist es verwunderlich, dass gleichzeitig ein neuer technologischer Ansatz propagiert wird, der die biologische Vielfalt weiter einschränkt und zum Teil sogar gefährdet.
Saatgutmarkt schwächt Souveränität der BauernEs darf schließlich nicht ignoriert werden, dass in den Entwicklungsländern eine starke Marktkonzentration im Bereich der Saatgut- und Absatzmärkte zu beobachten ist. Der weltweite Saatgutmarkt wird auf 45 Mrd. US Dollar geschätzt. Bei einem Drittel handelt es sich um kommerzielles Saatgut. Etwa 10 Unternehmen kontrollieren 40Prozent des kommerziellen Saatguts. Bezogen auf einzelne Produkte wie Baumwolle und Soja umfasst die Marktmacht Monsantos beispielsweise sogar 85 Prozent.
Die anderen zwei Drittel des Saatgutmarktes teilen sich mit abnehmender Tendenz staatliche Stellen und Bauern (Hofsorten). Die Zahlen schwanken von Land zu Land erheblich, in einigen Ländern sind es noch bis zu 80 Prozent Hofsorten, die einen wichtigen Beitrag zur biologischen Vielfalt und Ernährungssicherung liefern. Auf ihre Marktanteile richtet sich das Interesse der Industrie. Anbieten will sie den Bauern nun auch gentechnisch verändertes Saatgut. Da diese Sorten patentrechtlich geschützt sind, erhält die Industrie ein zusätzliches Instrument zur Ausweitung ihrer Marktmacht. Damit kann sie den Zugang zu Saatgut, die Wiederaussaat und die Forschung Dritter stark einschränken.
Innovation und VielfaltDie Kombination der Faktoren Einschränkung der Nutzpflanzenvielfalt und Einschränkung des Zugangs zu diesen durch Patentschutz birgt große Risiken. Der freie Zugang zu den genetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft ist auch heute noch der Grundpfeiler der Züchtung und Ernährungssicherung. Bauern weltweit tauschen ihr Saatgut und tragen damit zu Innovationen und Vielfalt bei. Der Nachbau erlaubt ihnen die kostengünstige Verfügbarkeit von Saatgut, was sie vor Verschuldung bewahrt. Auch der freie Zugang zu Saatgutbanken spielt eine bedeutende Rolle. Die Züchter nutzen die Saatgutbanken, um Sorten lokal anzupassen und zu optimieren. Patente auf Saatgut gefährden dieses System.
Daran ändert auch der neue Saatgutvertrag der FAO, der im Juni in Kraft trat, wenig. Er untersagt zwar die Einschränkung des Zugangs zu den genetischen Ressourcen, schränkt aber ein, dass dies nur für die Form gelte, in der der Empfänger das Saatgut erhielt. Damit können Unternehmen ihr weiter entwickeltes Saatgut schützen lassen. Die Bauern, die das Saatgut einst treuhänderisch den Agrarforschern gaben und damit allen freien Zugang zu ihrem Saatgut gewährten, müssen nun Nachbaugebühren für Saatgut zahlen, dass auf ihren Leistungen basiert. Da 97Prozent der Patente »Erfinder« aus Industrieländern halten, während über 90 Prozent der genetischen Ressourcen aus Entwicklungsländern stammen, ist eine faire Regelung des Zugangs zu und der Beteiligung an Gewinnen aus der Nutzung dieser Ressourcen ein wichtiges Ziel.
Gewinnbeteiligung für BauernDer Saatgutvertrag der FAO, der den Zugang zu den Saatgutbanken regelt, hat die Gewinnbeteiligung über einen Fond realisiert. Im Rahmen der Konvention über die biologische Vielfalt, die sich auf die biologischen Ressourcen in der Natur bezieht, steht eine konkrete Regelung noch aus. Diese soll in den nächsten zwei Jahren ausgearbeitet werden. Die AG Biodiversität des Forums, EED, Misereor und die Schweizer Erklärung von Bern werden die Verhandlungen kritisch begleiten. Deutschland könnte in dieser Frage bereits diesen Herbst ein Zeichen setzen, indem - wie in der Schweiz geplant die Bundesregierung im Rahmen ihres neuen Gesetzes zum Schutz biotechnologischer Erfindungen die Erteilung von Patenten an eine Herkunftsangabe sowie die vorherige Zustimmung des Herkunftslandes inklusive Gewinnbeteiligung bindet.