Ein Kommentar von Manfred HornDie Bundesregierung will zukünftig ein Wort meiden wie der Teufel das Weihwasser: »Hartz IV«. Der Fall liegt klar auf der Hand: Mit diesem Wort, das eigentlich ein Name ist, lässt sich kein Staat mehr machen. Zumal Peter Hartz, der der Kommission vorsaß, die die Grundzüge des Gesetzes-Paketes ausmachte, dass jetzt lieber einen anderen Namen bekommen soll, auch nicht gerade positiv Schlagzeilen macht: Als Personalvorstand von VW hat er soeben verkündet, die Personalkosten um zwei Milliarden Euro drücken zu wollen, 24 Monate keine Einkommenserhöhung inklusive.
Sprache ist Macht, müssen sich die SPD-Vorderen gedacht haben. Deswegen sagt Münte jetzt auch: »Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt« und das Wirtschaftsministerium spricht nicht mehr von »Ein Euro Jobs«, sondern von »Zusatz-Jobs«. Die ganze Wort-Spiel-Kampagne kostet die Bundesregierung und damit den Steuerzahler mehr als eine Million Euro, auf das die Menschen im Land bei Hartz Entschuldigung: beim »Gesetz für moderne Dienstleistungen« an zukünftige Vollbeschäftigung denken.
Klar ist schon jetzt, dass die Bundesregierung zumindest in diesem Diskurs die Hoheit verloren hat. Es war schon wenig überzeugend, aus dem Arbeitsamt die Agentur für Arbeit zu schaffen. Welche Public-Relations-Agentur sich das wohl ausgedacht hat? Es wird der Bundesregierung und den dahinter hängenden Agenturen nicht gelingen, aus faulen Äpfeln sagen wir mal Wohlstandsbananen zu machen. Genauso wenig wie aus der Kriegsindustrie ein Zentrum für Verteidigungstechnik wird.
Peter Hartz, der VW-Pilot, hat mit den Ausführungsgesetzen, wie sie im Reformpaket als Kompromiss zwischen Regierung und Opposition im Dezember 2003 beschlossen wurden, nicht mehr viel zu tun. Aber »Gesetz für moderne Dienstleistungen«. Was um Himmels willen ist das? Ist es seit neuestem modern, unter Qualifikation und zu einem miesen Lohn beschäftigt zu werden? Gut, ein Euro sind in Wirklichkeit gar nicht vorgesehen, es sollen bis 2,90 Euro in der Stunde verdient werden. Aber »Zusatzjobs«. Ein Zusatz wozu? Dazu, sich in der Arbeitsagentur frustrieren zu lassen?
Doch die Leute haben schon begriffen: Diese Reform wird das gesellschaftliche Klima in Deutschland verändern, wird die ohnehin wachsende Schere zwischen Arm und Reich noch weiter öffnen. Womit sich in diesem Fall zeigt, dass die Wirklichkeit wirkungsmächtiger und sprachschöpfender ist als die Wortkreaturen aus den Sprachkanonen der PR-Agenturen, die meinen, mit der Sprache Wirklichkeit machen zu können. Hartz IV? Treffender kann ein Begriff gar nicht sein: Es klingt so kalt wie die Wirklichkeit vieler Betroffenen.