Webwecker Bielefeld: besuchzwangs02

Ehemalige Zwangsarbeiter im September zu Besuch (Teil 2)



Nun kommt eine kleine Zahl von ihnen tatsächlich. Wieviele es genau werden, ist noch nicht bekannt, da auf Grund des Alters bis zum Abreisetag noch Absagen möglich sind. Es werden circa 25 Personen werden, plus einer Begleitperson. Die 50.000 Euro der Stadt reichen nicht für eine Woche Unterbringung und Programm, private Sponsoren und ehrenamtliche Arbeit sind nötig, um das Unterfangen zu ermöglichen. Einen Monat vor Beginn der Besuchswoche sind zum Glück einige Bielefelder Unternehmen bereit, Unterstützung zu leisten. Mit dabei ist auch das Deutsche Rote Kreuz. Es öffnet seine Kleiderkammer, damit sich die BesucherInnen einkleiden können. Denn die meisten von ihnen leben in bitterer Armut. Und das DRK stellt einen Fahrdienst zur Verfügung für diejenigen TeilnehmerInnen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind.

Damit verknüpft ist die Aktion ›Rollstühle für ehemalige Zwangsarbeiter‹. Denn einige der BesucherInnen werden einen Rollstuhl benötigen, wenn sie in Bielefeld sind. »Wir suchen nach gebrauchten, gut erhaltenen Rollstühlen, die klappbar sind«, erklärt Michael Beimdiek, Geschäftsführer ›Soziale Dienste‹ des DRK. Die BesucherInnen haben dann auch die Option, die Rollstühle mit in die Heimat zu nehmen. Sollten bei der Sammelaktion mehr zusammenkommen als benötigt, dann würden sie aufbereitet und über die GAB (Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung mbH Bielefeld) in die Dritte Welt gespendet.

Bis zum Tag der Anreise am 5. September gibt es noch viel zu tun: Zunächst einmal muss geklärt werden, wer denn nun wirklich kommt. Dann wird noch mit einigen Unternehmen verhandelt: Nicht alle, die ehemals ZwangsarbeiterInnen beschäftigten, sind bis jetzt bereit, ihre Werkstore zu öffnen. Wer sich bis dato weigert, darüber schweigt sich der Verein aus. Dabei ist der Besuch der ehemaligen Arbeitsstätte ein zentraler Moment in der Reise der BesucherInnen. »Wir werden weiter dran arbeiten, gehen auch über den Betriebsrat«, erklärt die stellvertretende Sprecherin des Vereins Merret Wohlrab. Für sie ist klar: Die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen müssen ihren Betrieb von damals sehen können.

Das Programm steht jedenfalls schon. Es wird den BesucherInnen einen Einblick in das Bielefeld der Gegenwart und der Vergangenheit ermöglichen. Sie werden in Kontakt kommen mit der Bevölkerung, in Schulen vortragen, werden aber auch die Stätten ihrer Fronarbeit besichtigen. Hinzu kommt ein kultureller Teil und ein Kontakt mit der ukrainischen Gemeinde in Bielefeld. »Allerdings ist alles freiwillig. Niemand der Teilnehmer wird zu etwas gezwungen«, erklärt Petra Krasa vom Verein und Stadtarchiv. »Im Gegensatz zu den Holocaust-Opfern sprechen die Zwangsarbeiter zum ersten Mal über ihre Geschichte«. Eine Aufarbeitung in ihrer Heimat fand kaum statt, im Gegenteil wurden die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen in der ehemaligen Sowjetunion häufig schikaniert, da ihnen ›Deutschenfreundlichkeit‹ unterstellt wurde.


Der Verein ist interessiert an BielefelderInnen, die sich an ZwangsarbeiterInnen, deren Leben und Arbeitsstätten erinnern können. Bitte melden bei: Petra Krasa, Stadtarchiv, fon 518594

Die Rollstuhlaktion läuft über das Deutsche Rote Kreuz. Wer einen Rollstuhl abgeben will, melde sich bitte unter der Telefonnummer des DRK-Fahrdienstes 0521-5299898