Zum Schluss bedanken sich die Demonstranten bei der Polizei und ihren privatwirtschaftlichen Kollegen: »Die haben nicht nur unsere Demonstration der Jasager beschützt sondern sorgen auch dafür, dass unsere Innenstädte sauber und frei von Gesocks sind«, so einer der Experten. Die Demonstration endet vor dem Rathaus mit einem Grußwort an Angela Merkel, »die heute in gleicher Mission wie wir in der Altstadt auftritt.«
Ein Teil der Demonstranten lässt es sich denn auch nicht nehmen, deren Wahlkampfveranstaltung am Alten Markt zu besuchen und ihr zuzujubeln. »Zu Beginn ihrer Rede hat es aufgehört zu regnen. Wenn das mal kein Zeichen ist«, orakelt der CDU-Kreisvorsitzende Markus Kleinkes zur Freude der CDU-Anhänger. Über die Prokaps können die Bürger auf dem Alten Markt aber nicht grinsen. Es kommt zu Wortgefechten, als sie immer wieder »Der Markt ist alles der Rest ist nichts« skandieren, etwa als Merkel die Frage stellt, wie »wir unseren Wohlstand sichern können«. An dieser Stelle reagiert auch sie auf die Gruppe: »Wer glaubt durch Schreien Steuern zahlen oder Geld verdienen zu können, der irrt sich«, weiß Merkel. Bejubelt wird von den Prokapitalisten auch ihre Aussage, dass wer arbeite, am Ende mehr Geld haben müsse, als der, der nicht arbeite.
Deutschland stürmt die WeltMerkel widmet sich vor etwa vierhundert Zuhörern unter anderem dem Zuwanderungsgesetz. »Ein Hassprediger muss dieses Land verlassen«, fordert Merkel und kritisiert, dass dies Teile von SPD und Grünen nicht so sehen würden. Außerdem spricht sich die CDU-Vorsitzende gegen einen EU-Beitritt der Türkei aus. »Es ist unverantwortbar so zu tun, als könnten wir ein großes Land wie die Türkei als Vollmitglied aufnehmen«, kritisiert sie den Regierungskurs. Vielmehr solle eine »privilegierte Partnerschaft« mit dem Land ausgehandelt werden. Was das konkret bedeutet, sagt Merkel nicht.
Ein weiteres Europathema sind Brüsseler Verordnungen. »Da verordnet eine sozialistische Kommissarin aus Schweden, die in ihrem Leben noch nie in einem Chemiewerk war, eine Chemierichtlinie.« Die bedeute das Ende der Chemieindustrie in Europa, da ausgerechnet Jürgen Trittin zu den Nachverhandlungen entsandt wurde.
Den Standort Deutschland sieht sie in Gefahr, berichtet von einem Erlebnis am Vortag in Erfurt: Der dortige Bahnhof sei fertig, Verkehrsminister Stolpe fehle jedoch wegen des Mautdesasters das Geld für Gleise. »Das kann nicht das Bild Deutschlands sein, mit dem wir die Welt stürmen.« Deshalb müsse, wer Deutschland und Europa liebe, am 13. Juni CDU wählen. »Und um unsere Liebe zu Deutschland zu zeigen, singen wir jetzt das Deutschlandlied«, endet Merkel. Als einige Demonstranten während des Absingens der Hymne pfeifen und »Nie wieder Deutschland« skandieren, endet auch die Geduld einiger CDU-Anhänger. Ein Rentner schlägt mit dem Schirm um sich, ein anderer sagt zu einem der Demonstranten: »Vor sechzig Jahren wärst du in die HJ gekommen.« Ein CDU-Funktionär erstattet wegen der Pfiffe bei der Nationalhymne Anzeige, von einem Demonstranten werden die Personalien aufgenommen. Dennoch sind die guter Laune: »Das machen wir demnächst einfach noch mal«, verspricht ein junger Mann weitere prokapitalistische Auftritte.