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Universität verliert Studierende (19.05.04)



Die Zahl der Studierenden an der Universität Bielefeld ist so niedrig wie lange nicht. Der Grund sind die zu diesem Semester eingeführten Studiengebühren.

Von Mario A. Sarcletti

Fast 2500 Studierende weniger als noch vor einem Jahr sind in diesem Semester an der Universität Bielefeld eingeschrieben. Ein Grund dafür sind Studiengebühren in Höhe von 650 Euro für ein Zweitstudium und so genannte Langzeitstudierende in Nordrhein-Westfalen. Als solche gelten Studierende, die die Regelstudienzeit um das 1,5-fache überschritten haben. Die liegt je nach Fach bei acht oder neun Semestern, tatsächlich brauchen aber die meisten Studierenden dreizehn bis vierzehn Semester bis zum Abschluss.

Wie das Rektorat in der vergangenen Woche dem Senat der Universität mitteilte, haben mit 5322 Studierenden über ein Viertel der Eingeschriebenen einen Gebührenbescheid erhalten. 1100 von ihnen haben sich exmatrikuliert, 1.460 zahlten die Gebühren. 1200 Betroffene stellten einen Antrag auf Härtefallregelung oder Bonussemester. Eine Härtefallregelung kann die Hochschule gewähren, wenn das Einkommen der Antragsteller unter dem BAFöG-Höchstsatz von monatlich 585 Euro liegt und ein Studienabschluss bis zum Beginn des Sommersemesters 2005 möglich ist. Maximal vier Bonussemester gibt es für Kindererziehung, Behinderung oder Krankheit. Für die Wahrnehmung eines Amtes in einem gewählten Gremium der Hochschule, wie etwa dem Allgemeinen Studierendenauschuss (AStA), können drei Semester angerechnet werden. Die Arbeit in Fachschaften, den wichtigen Studierendenvertretungen auf Fakultätsebene, hingegen führt zu keinem Anspruch auf Extrasemester.

Nicht nur deshalb haben etwa 400 Studierende der Universität Widerspruch gegen den Gebührenbescheid eingelegt. Die Studierendenvertretungen des Landes unterstützen entsprechende Musterklagen. Das Verwaltungsgericht Köln fällte Anfang Mai eine erste Entscheidung zugunsten einer Klägerin. In einem Eilverfahren gestand es deren Widerspruch aufschiebende Wirkung zu. Die Studentin hatte ihr Studienfach nach dem zweiten Semester gewechselt. Nach dem Studienkonten- und -finanzierungsgesetz werden diese Semester nicht angerechnet, wenn das Studium nach Inkrafttreten des Gesetzes aufgenommen wurde, die Klägerin hatte es allerdings davor begonnen. Auch eine Bielefelder Studentin klagt gegen die Gebühren, das Verfahren läuft zur Zeit vor dem Amtsgericht Minden.

Die Zahl der Studierenden an ihrer Uni wird in diesem Semester voraussichtlich noch weiter sinken, da etwa 3000 Studierende der Zahlungsaufforderung einfach nicht Folge leisteten. Sie wurden angemahnt, sollten sie die Gebührenzahlung weiter verweigern, werden sie zwangsexmatrikuliert. Für die Studierendenvertretung, das Studentenwerk, den Hochschulsport oder das Campusradio Hertz 87,9 bedeuten die sinkenden Zahlen auch weniger Geld, da ihr Budget von der Zahl der Studierenden abhängt. Das Studentenwerk erhöhte deshalb bereits vor zwei Semestern den Sozialbeitrag. Auch das Semesterticket könnte teurer werden, wenn sich weniger Studierende an ihm beteiligen.

Zum Sinken der Studierendenzahlen an der Universität Bielefeld trägt auch bei, dass weniger Studierende an die hiesige Hochschule wechseln. Deren Zahl sank von 476 im vergangenen Jahr auf 340 in diesem Sommersemester. Die Zahl der Studienanfänger blieb jedoch fast gleich.