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»Ich steh zwischen C & A« (05.05.2004)




Achim Klatt: Wege aufzeigen, um Gewalt zu vermeiden





Ein neues Netzwerk hat sich in Bielefeld und Leipzig etabliert: ›zug‹. Die Abkürzung steht für »Zivilcourage und Gewaltprävention«. Es richtet sich an Jugendliche und Multiplikatoren mit dem Ziel, gegen Gewalt in der Schule und in der Ausbildung vorzugehen.


Von Manfred Horn

Bis zum Sommer 2006 laufen die Angebote an den ›zug‹-Standorten Bielefeld und Leipzig. In Bielefeld sind unter anderem der Verein BAJ, die Fachhochschule, das Carl-Severing Berufskolleg und das Dienstleistungszentrum Süd beteiligt. Die Projektkoordination liegt bei Arbeit und Leben Bielefeld.

Das ›zug‹ Projekt will zur Zivilcourage ermuntern, Gewaltprävention betreiben. In Workshops heißt das Ziel, mehr über sich und die anderen erfahren, lernen, wie Konflikte zu bearbeiten sind, ohne dass es zu Gewalt kommt. Die wesentlichen Mittel kommen aus dem Bundesprogramm ›xenos‹, dem Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.

Morgens noch sind viele der 25 Teilnehmer zwischen 16 und 18 Jahren eher lustlos ins Seminar geschlürft. Der dritte Tag des Workshops »Fairness statt Foulspiel« steht an. Vor allem einige junge Männer treten extrem cool auf: Das Baseball-Capy auf dem Kopf, den Blick nach unten, dicke Jacke trotz Frühlingswärme: Bloß nichts von sich preis geben. Doch im Laufe des Tages tauen gerade die auf, die morgens im Körperpanzer anrollten. Sie zeigen Verantwortung in der Gruppe, sprechen über sich.

So probieren die Schüler aus zwei Klassen des Bielefelder Carl-Severing-Kollegs für Wirtschaft und Verwaltung aus, wie viele Stühle eigentlich nötig sind, um die ganze Gruppe zu tragen: Angefangen mit zehn, sind es schließlich fünf, die reichen. Die Gruppe kommt sich näher, auch körperlich. Eine andere Übung hat das gleiche Ziel: »Jetzt vier Füße und sechs Hände«, fordert die Pädagogin Marjetta Tackmann auf. Umut, Philip, Gary überlegen kurz, verschränken ihre Körper ineinander, finden die Lösung: Eine gemeinsame Figur kommt heraus, bei der tatsächlich nur vier Füße und sechs Hände den Boden berühren. Die Jugendlichen lernen, dass ohne Teamwork nichts geht.


»Es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten«

Später dann sollen sie in einer Runde ihre Stärken benennen, die anderen dürfen ergänzen: Siehe da, alle zeichnen sich leistungs- und hilfsbereit. »Stimmt, die haben zwar alle Defizite, aber auf der zwischenmenschlichen Ebene macht es Spaß, mit ihnen zu arbeiten«, bestätigt der Kolleg-Lehrer Andreas Föste. Nette und liebe Menschen, für die die Gesellschaft irgendwie keinen Platz hat. »Da muss die Gesellschaft Verantwortung übernehmen«, sagt Föste und ist zugleich pessimistisch: Gerade für die benachteiligten Jugendlichen sei immer weniger Geld da.