Webwecker Bielefeld: verkehrspolitik03

Come together! (Teil 3)



Im besonders klimabelastenden Flugverkehr schlummerten wichtige Lenkungsinstrumente wie Kerosinsteuer, emissionsabhängige Start- und Landegebühren, volle Mehrwertbesteuerung weiter in der Schublade. Selbst die mehrfach angekündigte Novelle des Fluglärmgesetzes von 1971 sei immer noch nicht verabschiedet, protestiert der VCD. Die Regierung habe zwar noch kurz vor der letzten Bundestagswahl einen Nationalen Radverkehrsplan aufgelegt, ihn dann aber nicht mit den notwendigen finanziellen und personellen Mitteln ausgestattet.

Das Papier von Hustedt, Schmidt und Kuhn als PDF-Dokument zum Download. Weitere Infos: <a href="http://www.ali-schmidt.de">http://www.ali-schmidt.de




Wendehammer



Ein Kommentar von Manfred Horn

Mit dem aktuellen Positionspapier schreiben gewichtige Grüne nur das um, was längst Realität ist. Es mag noch den einen oder anderen grünen Kommunalpolitiker geben, der an Bahn und Fahrrad festhält. Bundestagsabgeordnete mögen bevorzugt mit der Bahn reisen. Doch auch viele Grüne und deren Sympathisanten haben längst die individuelle Verkehrsmittel-Diversität, bestehend aus Fahrrad, Bahn und Auto, eingeführt.

Insofern ist die Anpassung des Geschriebenen an individuelle und politische Realitäten konsequent. Ein Grundproblem bleibt aber: Die grünen Protagonisten, die sich zunehmend zu Anhängern der freien Marktwirtschaft entwickelt haben, müssen für die Verkehrspolitik ähnlich wie für die Energiepolitik Konstruktionen schaffen, die durch eine besondere Förderung oder Besteuerung von Verkehrsmitteln und deren Antriebsmitteln Alternativen voranbringen. Und dies sind schlicht politische Lenkungen, mehr oder weniger versteckte Subventionierungen.

Diese Grundproblematik schwächt sich in den vergangenen Jahren aber ab. Schlicht, weil die Forderungen der Grünen im Bereich Verkehr immer realpolitischer, anders formuliert: bar jeder Utopie, werden. Das aktuelle Papier zeichnet auch ein Stück Resignation ab: Seht her, die Verkehrswende ist nicht zu machen. Anders aber ist sie auch nie wirklich versucht worden. Schon von einem Spritpreis von fünf Deutscher Mark machten die Grünen 1998 einen Rückzieher, um ihre Chancen bei der Bundestagswahl nicht zu verspielen.

Dabei sind viele Konzepte bekannt, wie Mobilität und umweltschonender Verkehr zugleich möglich sind. Zugegeben, es ist ein langer Weg, dem Deutschen angeblich liebstes Kind zurechtzustutzen. Aber die Grundfragen der Bewegungsfreiheit stellen sich noch immer: Heißt Individualität, alleine in einer spritfressenden Blechkiste durch die Landschaft zu düsen? Heißt Mobilität, zu jedem beliebigen Zeitpunkt jeden beliebigen Ort der Welt erreichen zu können?

Und: Es könnte sich herausstellen, dass die von den VerfasserInnen des Papiers übernommene Prognose einer Abschwächung des Zuwachses im Individualverkehr falsch ist. Eine Shell-Studie sagt beispielsweise einen drastischen Anstieg des Autoverkehrs in Deutschland voraus, die Zahl der PKW`s würde bis 2030 um fast 20 Prozent steigen. Klar, vielleicht ist bei Shell der Wunsch Vater der Gedanken. Andererseits: Hier gibt es kein natürliches Wachstum. Zunehmender Individualverkehr ergibt sich grob aus gesellschaftlichen Vorstellungen von Mobilität, dem Druck der Automobilindustrie und real vorhandenen Alternativen.

Eine Ethik des Verkehrs müsste her, die auch gewisse Limitationen mit sich bringen würde. Und Verkehrsträger müssten dabei endlich ihren Fetischcharakter verlieren: Sie sind schlicht technische Vorrichtungen, die möglichst sicher und komfortabel gestaltet sein sollten, um Menschen von einem Punkt A zu einem Punkt B zu bringen. Die unvernünftigste Variante ist dabei nach wie vor die vorherrschende: der automobile Individualverkehr.