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Wer ist die Arbeiterwohlfahrt?




Begründerin der Arbeiterwohlfahrt: Marie Juchacz



Von Manfred Horn

Die Arbeiterwohlfahrt hat bundesweit 400.000 Mitglieder und 170.000 Beschäftigte, in Ostwestfalen sind es circa 3.500. Die AWO ist aktiv in vielen sozialen Bereichen: in der Arbeit mit MigrantInnen, mit Kindern und Jugendlichen, mit SeniorInnen, im Beratungs-, Betreuungs- und Pflegebereich.

Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erstarkte in Deutschland die ArbeiterInnenbewegung. Die Industrialisierung brachte zwar Arbeitsplätze, doch die Bedingungen waren äußerst schlecht. Niedrige Löhne, keine Rechte, kein Sozialversicherungssystem. Die in den Großstädten lebenden ArbeiterInnen waren extrem arm und rechtlos. Die ArbeiterInnenbewegung, Parteien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen, setzten erst in einem langen Kampf gewisse Rechte durch. Dazu gehört auch, dass sich 1919 der »Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt« gründete, unter maßgeblicher Beteiligung von Marie Juchacz. Damit war die Arbeiterwohlfahrt praktisch gegründet. Die neue Organisation verordnete sich politisch als aus der Arbeiterbewegung kommend und dieser verpflichtet. Der erste Schwerpunkt in der Tätigkeit der Arbeiterwohlfahrt lag dabei in der sozialpolitischen Einflußnahme auf Struktur, Inhalt und Gesetzgebung der Wohlfahrtspflege aus sozialdemokratischer Sicht.

Zugleich entwickelten sich im Raum der Arbeiterwohlfahrt individuelle Hilfen – ausgelöst durch das bereits vor der Gründung des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt erfolgte Engagement sozialdemokratischer Frauen in Kinderschutzkommissionen und in den Kommissionen der Kriegswohlfahrtspflege. Derlei Engagement sollte nicht die öffentliche Sozialverantwortung ersetzen, sondern lediglich als ergänzende Arbeit verstanden werden und dabei insbesondere dem Ziel der Demokratisierung der Wohlfahrtspflege durch Einbeziehung der bislang vernachlässigten ArbeiterInnenschaft und der Entwicklung zukunftsweisender Modelle dienen.

Die Arbeiterwohlfahrt wurde 1933 verboten und aufgelöst. Seit der Wiedergründung 1946 hat sie sich als selbständige Organisation entwickelt. Nach ihren Grundsätzen und Leitbildern orientiert sich die AWO bis heute an den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als Motivation und Orientierung ihrer Arbeit. In den Richtlinien heißt es sogar: »Die Arbeiterwohlfahrt ist dem demokratischen Sozialismus verpflichtet«.

In der Praxis ist die AWO in der Gegenwart ein großes Wohlfahrtsunternehmen unter Kostendruck. Wie bei anderen Wohlfahrtsverbänden auch kam es in der jüngsten Vergangenheit zu einer Vielzahl von Ausgründungen. Viele Angebote – bundesweit circa ein Drittel – werden nicht mehr von der AWO vorgehalten, sondern von ausgelagerten gemeinnützigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gGmbH). In Ostwestfalen ist es bisher jedoch noch nicht zu solchen Ausgründungen gekommen.