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Nicht verbieten sondern fördern (Teil 2)



Pfeiffer übersetzt Fernsehkonsum als Konsum von Gewalt- und Actionfilmen oder gar Pornofilmen. Aber so viele derartige Filme laufen überhaupt nicht.

Und es stellt sich die Frage, wie einzelne Filme auf Jugendliche wirken. Es kann auch sein, dass bei Kindern ein Märchenfilm Schockerlebnisse hervorruft. Das hängt davon ab, auf welchem Erfahrungshintergrund Kinder auf einzelne Filme reagieren. Die Lebenswirklichkeit, der familiäre Zusammenhang, in dem Medienkonsum stattfindet, wird von Pfeiffer nicht berücksichtigt.

Pfeiffer nennt auch neue Medien, Computerspiele und die Ereignisse in Erfurt. Wenn man genauer guckt, wie Jugendliche mit solchen Computerspielen wie Counter Strike umgehen und nicht nur Einzelfälle herauspickt, wie Pfeiffer das macht, dann wird deutlich, dass die Jugendlichen, die solche Computerspiele spielen, keine Gewalttäter sind. Sie gehen im Gegenteil sehr viel produktiver mit solchen Spielen um und stellen den Gewaltaspekt gar nicht in den Vordergrund. Pfeiffers Argumentation ist hier verkürzt, wichtigere Ursachen für jugendliche Gewalt und Schulversagen werden zu wenig berücksichtigt.


Pfeiffer sagt, Fernseher und Computer raus aus den Kinderzimmern, am besten gar kein Fernsehkonsum mehr für Kinder und Jugendliche. Was wäre Ihre Leitidee, wie Eltern mit ihren Kindern in Bezug auf Medienkonsum umgehen sollten?

Medienkonsum nicht verbieten, sondern Medienkompetenz fördern. So dass Kinder und Jugendliche einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien lernen. Im Idealfall sagen die bei problematischen Sendungen selber: Hier ist eine Grenze, ich gucke diesen Film nicht, weil er für mich ethisch nicht verantwortbar ist. Das Ziel ist, dass die Jugendlichen auf Grund ihrer Medienkompetenz selber entscheiden: Hier schalte ich den Fernseher aus. Pfeiffer will den Verzicht auf Medien erreichen. Medienpädagogik aber will, dass Fähigkeiten mit Medien erworben werden. Der Hauptunterschied: Heute wird medienpädagogisch akzeptiert, dass Medien ein integraler Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen sind.


Die Pfeiffersche Trennung in Mediennutzung als verschwendete Lebenszeit und andere Aktivitäten als gelebte Lebenszeit würden Sie nicht machen?

Das widerspricht dem, was wir eigentlich wollen. Die ganze Diskussion über das Internet und Schulen ans Netz, die vor zehn Jahren begonnen hat, fordert mit Recht, dass Kinder und Jugendliche Kompetenz mit Medien erwerben. Das bezieht sich auf der einen Seite auf Schule und Lernen, auf der anderen Seite haben Medien kulturelle Bedeutung: Sie können schlicht auch zu Unterhaltungszwecken genutzt werden. Das tun wir als Erwachsene. Dieses Recht sollten auch Kinder und Jugendliche bekommen.


Angenommen, in einer Familie guckt das Kind sehr viel Actionfilme. Was tun?

Da gibt es keine einfache Antwort. Ein Hauptpunkt ist aber, dass man sich in der Familie mit dem Kind beschäftigt und guckt, aus welchen Bedürfnissen heraus das Kind solche Filme anschaut. Auch das Kind sollte gefragt werden: Was findest Du gut an Gewaltfilmen? Verbieten ist eine Haltung, die sagt: Wir müssen uns mit der Lebenswelt unserer Kinder gar nicht beschäftigen, wir wissen es besser. Im Gegenteil müssen wir als Erwachsene uns mit der Lebenswirklichkeit unserer Kinder und Jugendlichen stärker beschäftigen. In der Familie sollte eine Sensibilität für mögliche Probleme da sein und die Bereitschaft, sich auseinander zusetzen.

Weitere Informationen zum Thema Medienkompetenz und Jugendliche:
E-Learning Modul Jugend und Medien