Musikredaktionelles Arbeiten im Bürgerfunk am Beispiel der Radiowerkstatt BI-Bürgerwache
Auf die Idee zu diesem Artikel bin ich gekommen, weil ich mit Musiksendungen im Bürgerfunk sehr gute Erfahrungen gemacht habe und bisher nur selten was von den anderen Werkstätten gehört habe.
Oft kommen gerade junge Funker, mit ca. 20 Jahren, zum Bürgerfunk, um ihre Liebe zur Musik einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen. Am Anfang geht es den meisten DJs lediglich darum ihre Musik zu spielen. Doch nach meinen Erfahrungen, kippt das innerhalb der ersten 3 Sendungen und die Prioritäten verschieben sich. Ganz schnell wird es für die musikbegeisterten Produktionsgruppen wichtig auch redaktionell zu arbeiten. Sie setzen sich intensiver mit der Musik, ihren Machern und auch mit den dazugehörigen Massenmedien (VIVA, MTV, bzw. Dudelfunk) kritisch auseinander.
Da gerade in den massenkompatiblen Musiksendern schlechte Moderationen an der Tagesordnung sind, ergibt es sich fast von selbst, dass die DJs anfangen an ihren eigenen Moderationstechniken zu feilen. Nicht selten bilden sie sich in unserer Radiowerkstatt und/oder auch überregional fort. Auch wenn sie sich weiterhin DJs nennen, so werden sie doch im Laufe der Zeit zu Redakteuren und arbeiten auch so. Interessant ist hierbei, dass die meisten musikredaktionellen Sendungen über Jahre hin bleiben. Nicht nur die DJs verbessern sich im Laufe der Zeit, sondern auch die Resonanz auf die Sendungen werden größer.
Dadurch wurde auch die Akzeptanz der VG (Radio Bielefeld) dem Bürgerfunk gegenüber verbessert. Als Beispiel hierzu: Hörer fragen gezielt nach bestimmten Musiksendungen die im Bürgerfunk gelaufen sind.
Durch die sehr gute Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen mit dem Haus entstehen in zunehmendem Masse Kooperationen und Synergien. Angestrebt sind derzeit verschiedene Projekte in denen z. B. politische, philosophische und andere Gruppen mit gesellschaftsrelevanten Themen mit den Musikredakteuren vernetzt arbeiten. In einem kürzlich gelaufenen Jugendprojekt Jugend im Radio haben wir sehr erfolgreich erlebt wie die Erfahrungen der Musikredaktionen übertragen wurde, auf mehrere inhaltliche Themen (Beispiel: Fußball und Feuerwehr).
Diese Form der Vernetzung und Projektarbeit ist sicherlich auch überregional übertragbar. Allerdings setzt sie ein gewisses Maß an Initiative durch die Radiowerkstattleitung und Toleranz der verschiedenen Gruppen voraus. Ebenfalls ein angenehmer Nebeneffekt durch die engagierte Arbeit der Musikredaktionen in der Bürgerwache ist, dass die Plattenindustrie die Arbeit der speziellen Gruppen (House, HipHop, Ska, Punk, Soul etc.) durch Bemusterung mit aktuellen Neuerscheinungen unterstützt, ohne eben eine Gegenleistung zu verlangen. Dadurch profitieren sowohl Industrie als auch der Bürgerfunk als solches. Außerdem konnten so im Bürgerfunk schon sehr professionell geführte Interviews mit bekannten, internationalen Künstlern ausgestrahlt werden, in der im Gegensatz zu den Massenmedien nicht die Promotion der Tour oder des CD-Verkaufs im Vordergrund steht, sondern das Gespräch mit dem Künstler. So leisten die Musikredaktionen einen wichtigen Beitrag zur Kulturszene im Land und im Bürgerfunk.
Wie ihr seht, kann die Zusammenarbeit von Musikredaktionen im Bürgerfunk durchaus eine große Bereicherung sein.
Gruß
Jörg Scholz