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Parlament mit eingeschränkten Rechten (Teil 2)



»Der Eindruck, die EU sei lasch, stimmt nicht. Die Länder sind die Laschen«, sagt Baringdorf in Hinblick auf Themen wie BSE, oder FFH. Beim Flora- und Fauna-Habitat beispielsweise, 1992 beschlossen, hatten die Länder zehn Jahre Zeit zur Umsetzung. In Deutschland wurde dies verschlafen, auch die jetzige Bundesregierung habe das lange »nicht richtig wahrgenommen«. Das Ergebnis: Ein Strafverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland.

Natürlich gelte auch für den Umweltschutz der ganz normale Lobbyismus: Während die deutsche Regierung den Katalysator europaweit durchsetzen konnte, was ganz klar im Interesse der mächtigen deutschen Automobilindustrie lag, kam der französische Rußfilter nicht durch. Baringdorf dazu: »Ich hoffe, das wundert Sie nicht!«.

Und: »Ohne die verrückten Kühe hätten wir die Mitbestimmung im Agrarbereich nicht bekommen«, ist sich Baringdorf sicher. Die neue Europäische Verfassung stärke die Rolle des Parlaments bei Agrarfragen. Grundsätzlich soll das Parlament jetzt mitbestimmen. Allerdings ist auch in der neuen Verfassung das Vertrauen in das Parlament stark eingeschränkt: Preis- und Mengenfestsetzung im Agrarbereich kann der Rat auch zukünftig ohne das Parlament bestimmen. »Alles, was Geld bringt oder Geld kostet, haben sie aus der Mitbestimmung rausgenommen«. Baringdorf sagt dies ohne Bitterkeit: »Demokratie ist eine lebendige Angelegenheit«. Auch auf die neue Verfassung, die Baringdorf im Grundsatz unterstützt, würde dem Parlament schon eine Antwort einfallen, falls es zu wenig beteiligt werde: »Dann ziehen wir halt den Haushalt stramm«, sagt er und verspricht sich davon, über diesen Weg mehr Macht für das Parlament zu bekommen.

Aber lohnt es sich bei einer so schwachen Position des Europäischen Parlaments überhaupt, zur Wahl zu gehen? Baringdorf sagt eindeutig ja und rät zur Einmischung auch über das Parlament hinaus: »Die öffentliche Diskussion um grundlegende Fragen beeinflußt politische Entscheidungen«, ist er sich sicher und zitiert als Beispiel das Bundesverfassungsgericht: Dies habe zweimal über den »Abtreibungsparagraphen« 218 entschieden. Beim ersten Urteil sei Abtreibung noch untersagt worden, bei der zweiten Entscheidung Jahre später Abtreibung straffrei gestellt. »Da hat sich zwischenzeitlich die Stimmung in der Bevölkerung geändert«, erklärt Baringdorf das Verhalten des höchsten Gerichts.

Schließlich zitiert der Landwirtschaftsmeister Baringdorf Kant: Der nannte die Taube, die im Flug den Luftwiderstand spürt und die meinte, dass es ihr ohne diesen doch viel besser gehen müsste. In der Baringdorfschen Übersetzung heißt das dann: »Mir macht Politik am meisten Spaß, wenn ich kompetente und durchsetzungswillige Gegner habe«. Schließlich bleibe die Frage, ob man alles richtig denkt, wenn man alleine denkt.

Schon bemerkt? Am 13. Juni sind Europa-Wahlen. www.europa-waehlt.de Der Entwurf der Europäischen Verfassung im PDF-Download








Eine gewisse Ähnlichkeit des Entwicklungstempos der Europäischen Union mit einer Schildkröte ist nicht zu leugnen

Die institutionelle Struktur der Europäischen Union



  • Europäisches Parlament
Das Europäische Parlament (EP) wird alle fünf Jahre direkt gewählt; die Sitzordnung im Plenum richtet sich nicht nach nationaler Zugehörigkeit der Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEP), sondern nach zur Zeit sieben Fraktionen. Die Fraktionen sind Ausdruck der politischen Grundhaltung der nationalen Partei, der die Mitglieder jeweils angehören. Einige Abgeordnete gehören allerdings keiner Fraktion an. Bei der letzten Wahl im Juni 1999 betrug der Anteil weiblicher Abgeordneter etwa 30 %.