Die OWL-Marketing hat für die zweite Runde an Vorschlägen, die sie demnächst machen will, eine Beteiligung der Gewerkschaften und Naturschutzverbände zugesagt. Wend stellt allerdings auch deutlich heraus, dass eine Modellregion nicht »eine bessere, schönere politische Welt« bedeute. Das Projekt sei beschränkt auf Bürokratieabbau. Und da sieht er durchaus Bedarf: Es gebe Behörden, die überflüssig, Verordnungen, die inhaltsleer geworden sind oder Antragsformulare, die in ihrem Umfang Wirtschaft und Bürger belasten. »Weder gesellschaftliche noch ökonomische Willkür sind förderlich«, sagt Wend und bringt den Soziologen Max Weber ins Spiel: Bürokratie sei Mittel rationaler Organisation und legitimer Herrschaft.
Ebenfalls auf dem Podium war Arno Klönne. Wie Wend in der SPD und wie Weber Soziologe, kann er bei der Modellregion doch nichts Positives entdecken: Das von der OWL-Marketing vorgelegte Konzept sei äußerst einseitig. »Ich habe nichts gefunden, was auf eine stärkere Beteiligung der Mitarbeiter in Betrieben hinausläuft, auch nichts, was eine stärkere Transparenz der Entscheidungen von Verwaltungen bedeutet. »Wir müssen uns Gedanken machen, wie man dieser Konzeption etwas daneben oder entgegen stellt«, meint Klönne.
Diese Gedanken hatte sich bereits im vergangenen Jahr eine ver.di-Arbeitsgruppe gemacht. »Das Konzept der OWL-Marketing sollte dazu dienen, Arbeitnehmerrechte abzubauen oder einzuschränken«, sagt ver.di-Gewerkschaftssekretärin Inge Bernert. Sie schlägt im Namen der Arbeitsgruppe für eine Modellregion vor, im Dienstleistungsbereich Ausbildungsverbünde zu bilden. »Damit können einige Ausbildungsplätze entstehen«, sagt sie. Weiter fordert die Arbeitsgruppe den Ausbau der betrieblichen Mitbestimmung, um die kreativen Potenziale der Mitarbeiter für das Unternehmen aufzugreifen. »Zudem soll das kirchliche Mitarbeiter-Vertretungsrecht durch das Recht des Betriebsverfassungsgesetzes ersetzt werden«, ergänzt Bernert. Weiter will ver.di Lenkungsausschüsse in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten, paritätisch besetzt. Auch hier sei das Ziel, Bürokratie auf betrieblicher Ebene abzubauen. Und ver.di will eine besser gestaltete Innenstadt, die Lebensräume schafft. Schließlich noch die globale Forderung: Reduzierung der maximalen Wochenarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz auf 30 Wochenstunden.
Funken, Genossen!
Ein Kommentar von Manfred HornSchön, dass sich die Gewerkschaften, zumindest ver.di, auch mal öffentlich zur Modellregion geäußert haben. Immerhin sind die Vorschläge der OWL-Marketing schon ein Jahr alt. Und vieles, was in dem Konzept vorgeschlagen wird, geht in Richtung Deregulierung. Es hätte das ureigenste Interesse der Gewerkschaften sein müssen, sich frühzeitig in den Prozess einzuschalten, um Einfluss auf die Umsetzung einer Modellregion zu nehmen. Jetzt, wo der Zug auf Landesebene bereits abgefahren ist und die Bundesebene schon länger berät, ein ver.di Lebenszeichen. Immerhin.
Eine Ironie der Geschichte wurde am Dienstag Abend deutlich: Die Veränderungen in Deutschland gehen inzwischen so schnell voran, dass selbst einige Vorschläge der OWL-Marketing überholt worden sind. Das Waldabstandsgebot für Bebauungen, längst modifiziert. Befristete Arbeitsverträge bis maximal fünf Jahre: Schon im Dezember durch die Agenda 2010 zum 1. Januar 2004 Realität geworden, wenn auch »nur« auf vier Jahre begrenzt.
Richtig auch, dass das einseitige Vorgehen der OWL-Marketing Verdacht und Misstrauen bei den Gewerkschaften gesät hat, sie beziehungsweise die Arbeitnehmerinteressen würden übergangen. Doch was Rainer Wend an diesem Abend gesagt hat, hat Bedeutung: Die Modellregion bedeute nicht den Abbau von Arbeits- und Umweltrechten. Ein Versprechen. Da hätte ver.di nur mal früher mit dem Genossen Rainer sprechen müssen, um diese Auskunft zu erhalten.