Haste mal ein Euro? (10.03.2004)
Von Manfred HornBielefelds Ratsmehrheit will besonders innovativ sein: Wer zukünftig in Bielefeld ein Geschäft eröffnet, sollte nicht mehr an die Stellplatzabgabe gebunden sein. Sie kommt immer dann zum Zuge, wenn der Geschäftsinhaber keine Parkplätze nachweisen kann, die zum Geschäft gehören. Nun kam die Bielefelder Verwaltung auf die Idee, den Abgabebetrag auf eine symbolische Größe von einem Euro zu beschränken. Rein finanziell gesehen als nahe dem Nichts. Dennoch wäre der Bürokratieaufwand der gleiche, sagen die Grünen, die gegen die Reduzierung der Stellplatzabgabe auf ein Euro sind. Formulare seien unvermindert auszufüllen. Unterstützung bekamen die Grünen vom grünen Landesbau- und Städteminister Michael Vesper, der den Plänen der Bielefelder Verwaltung eine Absage erteilte. Seiner Sicht nach müssen Stellplätze einen realistischen Betrag kosten.
Was wiederum die CDU-Landtagsabgeordnete Angelika Gemkow auf den Plan rief: Sie schaltete ebenfalls einen Minister ein. Doch nicht Vesper, sondern NRW Wirtschafts-und Arbeitsminister Harald Schartau. Gemkow fragte Schartau bei Beratungen, ob die Ziele seiner Arbeitsmarktpolitik abgestimmt seien mit anderen Düsseldorfer Ministerien. Er fordere Investitionen, Arbeitsplätze und Bürokratieabbau, andere Ministerien konterkarierten dies jedoch mit anderen bürokratischen Hürden und Ideologien. Schartau sagte darauf hin zu, den Sachverhalt prüfen zu wollen.
So hat sich aus der Stellplatzabgabe inzwischen ein formidabler Stellvertreterstreit entwickelt. Die Befürworter der Reduzierung der Abgabe auf den symbolischen Betrag von einem Euro sehen sich als Sperrspitze des Bürokratieabbaus. Einzelhandelsverband, OWL Marketing und CDU wollen Bürokratie, in diesem Fall Stellplatzkosten abbauen, um Investitionen für Handwerk und Mittelstand zu ermöglichen. Ihr politisches Gegenüber indes steht ihnen gar nicht wirklich gegenüber: Die sagen nur, dass ein Euro zwar eine Erleichterung für den Geschäftsgründer darstellt, die Verwaltung aber einen genauso hohen Aufwand hat wie vorher. Weniger Ertrag für die Kommune bei gleich hohem Verwaltungsaufwand. Eine Rechnung, die ihnen nicht einleuchtet.
Eine nur noch symbolische Abgabe für Geschäftsgründer sei eine »krasse Ungleichbehandlung all derer, die in der gleichen Lage bereits die vollen Ablösebeträge gezahlt haben beziehungsweise in Nachbarbereichen noch zahlen müssen«, meinen die Bielefelder Grünen. Nach der geltenden Landesbauordnung könnte die Stadt feststellen, dass in der Innenstadt genügend Parkplätze vorhanden sind und die Erreichbarkeit durch den Öffentlichen-Personennahverkehr gegeben ist. In diesem Fall könnte vollständig auf die Erhebung von Stellplatzabgaben verzichtet werden. Die Bielefelder Grünen heben hervor, dass eine derartige Feststellung noch nicht getroffen wurde, obwohl genügend Parkplätze in »fußläufiger Entfernung« erreichbar seien.