Das Rektorat schlägt vor, dem Fach eine Professur und dreieinhalb Mitarbeiterstellen zu entziehen. Das Fach selbst aber soll nach den Vorstellungen der Universität gehalten werden. Deshalb wird in dem Papier die Vernetzung der Naturwissenschaften an der Universität hervorgehoben. Ein Beispiel dafür ist das Centrum für Biotechnologie, in dem unter anderem Wissenschaftler der Technischen Fakultät am »Institut für Bioinformatik« forschen und Biologen am »Zentrum für Genomforschung« arbeiten. In Zukunft sollen Chemiker dort molekulare Strukturen analysieren. Aber die Vorstellungen des Rektorats müssen vom Ministerium nicht übernommen werden. »Natürlich werden Chemie und Physik noch genau angesehen werden«, weiß auch Kanzler Hans-Jürgen Simm. »Aber bei der Vernetzung kann man da nicht einfach ein Stück herausbrechen«, hofft er, dass die Bielefelder Strategie der Interdisziplinarität und des Schwerpunkts auf Forschung aufgehen.
Ein Problem des Hochschulkonzeptes 2010 ist, dass es entwickelt wird, kurz nachdem neue Studiengänge an der Universität eingeführt wurden, die Bachelor/Master-Studiengänge Magister und Diplom ablösten. Prognosen über Studierendenzahlen sind da schwierig, auch wenn das Rektorat schreibt: »Steigerungen sind insbesondere aufgrund der neuen Studiengänge sowie aufgrund der neuen Studienstruktur zu erwarten.«
Den Romanisten an der Uni Bielefeld hat die neue Studienstruktur, die im Oktober 2002 eingeführt wurde, nicht geholfen. Die Magister- und Lehramtsstudiengänge Französisch sowie Spanien- und Lateinamerikastudien sowie die entsprechenden Lehramtsstudiengänge werden nach den Vorstellungen des Rektorats eingestellt. Dabei hatten als entsprechende Pläne bekannt wurden, die Studierenden protestiert und Unterschriften gesammelt. Aber das Rektorat hat anders entschieden.
Dass dies den Bericht ohne Zustimmung des Senats nach Düsseldorf schicken kann, sorgte auf der Senatssitzung für einigen Unmut unter den Senatoren. Der Titel des Papiers lautet auch: »Bericht des Rektorats vom 27. Januar 2004«. Er ist aber nach Angaben des Rektorats noch nicht abgeschickt. »Nein, wir wollten noch das Gespräch hier abwarten«, antwortete Timmermann auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden des Senats Ansgar Beckermann. Die Zustimmung dieses Gremiums braucht das Rektorat trotzdem nicht, mit dem muss es sich nur ins Benehmen setzen. Die Diskussion darüber, was das wohl bedeuten mag, beendete Beckermann mit den Worten: »Ein Benehmen ist ziemlich wenig.«
Ein anderer Senator bezeichnete »Benehmen« als »qualifizierte Anhörung«. »Das Rektorat hat uns angehört, aber nichts an dem Bericht geändert.« Stefan Bröhl vom Allgemeinen Studierendenausschuss AStA hat seine eigene Interpretation des Begriffes: »Ins Benehmen setzen heißt: Durchschrift an den Senat. Da hätte das Rektorat es gleich wie an anderen Unis machen können und das Ding einfach alleine machen«, kritisiert er.
Immerhin besteht das Rektorat ja aus sechs Menschen, Hannelore Kraft aber will die Entscheidung noch einsamer treffen, wenn sie ab 2006 Konsequenzen für die Unis ankündigt, die beim Reformieren nicht richtig mitmachen: »Erst danach werde ich Bilanz ziehen: Welche Hochschulen sind auf dem richtigen Weg, welche nicht? Aber ich sage auch deutlich: Dann schließe ich hochschulübergreifende Umschichtungen nicht aus, etwa indem Studiengänge oder ganze Fachbereiche an einzelnen Standorten verlagert oder sogar geschlossen werden müssen«, drohte sie bei der Vorstellung des Hochschulkonzepts. Und erinnert in dieser Dynamik ein bisschen an ihre Vorgängerin Gabriele Behler. Die hatte im Jahr 2000 den Vorläufer des Hochschulkonzepts, den Qualitätspakt, durchgezogen. Ein Senatsmitglied erinnerte der »freiwillige Pakt« damals an den Warschauer Pakt. Damit meinte er aber nicht dessen Ende.