Webwecker Bielefeld: digitales02

»Digitales Polizeiauge« (Teil 2)



So ist einer der drei genannten Argumente der Polizei Bielefeld für die Installation von Kameras auch gar kein Grund, der sich aus dem neuen Polizeigesetz ableiten ließe. Argumentiert wird da damit, dass sich seit der Abschaltung der Video-Anlage – die in einem landesweiten Pilotprojekt bereits von Februar 2001 bis Ende März 2002 eingeschaltet war – die Zahl des »BTM-Handels«, also dem Verdealen von Drogen nach dem Bundesbetäubungsmittelgesetz, »nahezu verdoppelt« habe. Stelle die Polizei im Jahr 2000 sieben solcher Delikte im Ravensberger Park fest, so waren es 2001 neun und in 2002 bereits 17. Die Zahl sei 2003 weiter gestiegen, sagt Borchardt.

Das zweite Argument ist eine »Kriminalitätsdichtezahl«, ebenfalls keine Formulierung, die dem Landespolizeigesetz ableiten ließe. Hier hat die Polizeistatistik ermittelt, dass im Ravensberger Park das Verhältnis von Straftat zu Fläche »nahezu das sechsfache« gegenüber dem gesamten Stadtgebiet ausmacht. Die Zahlen für andere Parkanlagen, zum Beispiel Nordpark und Bürgerpark, seien wesentlich niedriger. Neben den objektiven Daten hat die Polizei aber auch eine repräsentative Umfrage gestartet, die Anfang Februar der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Demnach ist die Angst, Opfer zu werden, in Parkanlagen besonders hoch. Und: »Der Ravensberger Park wird fünf mal mehr als der Nordpark als Angstraum wahrgenommen«, sagt Borchardt. Das subjektive Unsicherheitsempfinden sei nur am Hauptbahnhof noch größer.

Zentrales Argument für das Einschalten der Kameras im Ravensberger Park bleiben Anzahl und Qualität von Diebstahls-, Körperverletzungs-, und Sachbeschädigungsdelikten, sogenannte typische Delikte an einem Kriminalitätsschwerpunkt. »Die Gesamtstrafzahl ist nicht so relevant, es geht um die Qualität der Straftaten«, erläuert Borchardt. Im Ravensberger Park würden diese Straftaten zwischen der Hälfte und zwei Drittel aller dort verübten Straftaten ausmachen. In absoluten Zahlen habe es im Ravensberger Park im Jahr 2000 58 Straftaten gegeben, im Jahr 2001 79, im Jahr 2002 70 und im vergangenen Jahr zwischen 70 und 80. Die genaue Zahl werde aber erst im Februar bekanntgegeben, da dann erst die Polizeistatistik für 2003 veröffentlicht wird.

»Da gab es einen Placebo-Effekt«. So erklärt Borchardt, dass die niedrigste Zahl an Straftaten in den vergangenen Jahren ausgerechnet im Jahr 2000 vor dem Pilotlauf der Kameras erreicht wurde. »Ein großer Teil der Szene im Ravensberger Park hat durch die öffentliche Diskussion angenommen, dass da schon Kameras hängen«. Borchardt sieht, dass die Kriminalitätsentwicklung im Ravensberger Park ansteigt. Dies gilt jedoch allgemein für Stadt und Land. Borchardt räumt ein, man habe im Ravensberger Park keine Zustände wie auf der Kölner Domplatte: »Die Kriminalitätsentwicklung im Ravensberger Park ist nicht extrem negativ«.

Auf Diskussionen, ob eine Kameraüberwachung des Ravensberger Parks Randgruppen und Straftaten nicht nur räumlich verlagere, will Borchardt sich indes nicht einlassen. Ob die Straftaten, die sozusagen präventiv durch die Kameraüberwachung im Ravensberger Park nicht mehr stattfinden, sich dann woanders oder gar nicht mehr ereignen, darüber habe er keine Daten. »Zurückgegangen ist aber Anteil von Auswärtigen. Die Bielefelder Szene hat sich nicht aufgelöst, ist aber in mehrere Teile zersplittert«, schildert er seine Einschätzung der Drogenszene im Ravensberger Park. Der Rückzug der Auswärtigen und die Zersplitterung der Bielefelder Szene wertet er auch als Erfolg der Kameraüberwachung in der Pilotphase.