Bielefeld ist nicht Bilbao (Ozon; 06.08.2003)
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Je röter, desto schlimmer: Ozonwerte in NRW am Dienstag, 5. August
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Von Manfred HornOder vielleicht doch? Seit Wochen, ja seit Monaten scheint die Sonne über der Stadt. Die Meteorologen schwärmen von vielen Sonnenstunden. Indes, die Wirklichkeit sieht anders aus. Bielefeld befindet sich in einer hoffnungslosen Situation: das Meer kommt schon seit Jahrtausenden nicht mehr bis in die Senne und die Lutter wird nicht wirklich freigelegt. Diejenigen, die jetzt noch arbeiten, schwitzen über dem Kochtopf, an der Werkbank oder im Büro. Und tagsüber nach draußen gehen: Bloß nicht, da lauert das Ozon. Ja, was bleibt da eigentlich noch? Wer ihn hat, lernt seinen Keller lieben. Dort ist es schattig und kühl. Und das eine oder andere Regal musste ja schließlich schon lange mal aufgeräumt werden. Oder geht in ein vollklimatisiertes Kaufhaus. Einfach nur so. Der wirkliche Ostwestfale weiß, dass dieses Wetter einfach nicht normal ist.Die Ozonwerte steigen. Bei einem über acht Stunden gemessenen Durchschnittswert von mehr als 120 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft ist Vorsicht angesagt. Werte, die zur Zeit in Bielefeld erreicht werden. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung reagieren empfindlich auf Ozon. Augenreizungen, Reizungen der Atemwege und Kopfschmerzen sind typische Reaktionen auf Sommersmog. Zwar ist das Ozonproblem nicht mehr ganz so schlimm wie etwa noch vor zehn Jahren, da inzwischen im Autoverkehr Katalysatoren eingeführt wurden. Doch das Problem ist längst nicht gelöst – global gesehen verschärft es sich sogar weiter.
Ozon wird zusammen mit Sommersmog genannt. Smog – das heißt eigentlich »smoke« und »fog«, also Rauch und Nebel. Neben dem Wintersmog, der vor allem früher, als noch mit Kohleöfen geheizt wurde, über den Städten lag, gibt es auch den Sommersmog. Bei starker und andauernder Sonnenstrahlung entsteht vermehrt Ozon. Ozon setzt sich aus drei Atomen Sauerstoff zusammen, im Gegensatz zu dem üblichen Sauerstoff, den wir normalerweise einatmen: der hat nur zwei Atome. Ozon hingegen will das dritte, eigentlich überzählige Atom loswerden und reagiert entsprechend schnell mit der Umwelt, also zum Beispiel Schleimhäuten beim Menschen.
Das in der Umgebung auftretende Ozon bildet sich aus sogenannten Vorläuferstoffen, insbesondere aus Stickstoffdioxid, Kohlenwasserstoffen und Kohlenstoffmonoxid. Rund 70 Prozent dieser Schadstoffe kommen aus dem Automobilverkehr. Größere Ozonmengen entstehen dort, wo Schadstoffe freigesetzt werden. Eine besondere Eigenart von Ozon ist die Fähigkeit, sich auch gleich wieder zu zersetzen, und zwar mit Hilfe derselben Gase, die zu seiner Bildung notwendig sind. Dies hat zur Folge, dass die größten Ozonspitzenwerte nicht im Zentrum sondern am Rande von Großstädten und Industriegebieten gemessen werden.
Zuviel Ozon ist nicht nur für den Menschen sondern auch für Pflanzen schädlich. Diese werden zum Beispiel in ihrem Blattwuchs beeinträchtigt. Bei der Beeinträchtigung oder Schädigung von Menschen durch Ozon kann man unterscheiden zwischen besonders empfindlichen Menschen, Kindern sowie Personen mit starker körperlicher Aktivität. Bundeseinheitlich sind die Schwellen- bzw. Grenzwerte für Ozon per Gesetz festgelegt worden: ab 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, Fahrverbote gelten ab einem Wert von 240.