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Neue Variante: Indoor-Demo im Postmeister
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Eine Premiere gab es am vergangenen Donnerstag am Bielefelder Kesselbrink. Zum ersten Mal fand in dem Lokal »Der Postmeister« eine Demonstration von Antifaschistinnen und Antifaschisten statt. Robert Schwarz war für den WebWecker dabei.»Ey was soll der Scheiß«, raunzt der angetrunkene Glatzkopf am Tresen des »Postmeister« überrascht, als am vergangenen Donnerstag abend um fünf vor halb neun eine Gruppe von zehn Antifaschistinnen und Antifaschisten das braun vertäfelte Lokal am Kesselbrink betritt. Einige Tische und Barhocker sind bereits von deren Gesinnungsgenossen besetzt, die sich in kleineren Gruppen auf den Weg zu der Kneipe am Kesselbrink gemacht hatten.
»Jetzt ist auch bei ihr der Groschen gefallen«, grinst einer der ungebetenen Gäste und deutet in Richtung der Pächterin Katja Robson, die gerade noch ein Bier für einen Angehörigen der Initiative Courage gegen Rechts gezapft hatte. Der versucht ihr jetzt den Grund des Überraschungsbesuchs zu erklären. Das Lokal ist seit etwa zwei Jahren ein Treffpunkt der rechtsradikalen Szene, Führungskader wie Bernd Stehmann und Meinhard Otto Elbing treffen sich hier mit Jugendlichen aus dem rechtsextremen Umfeld. In rechtsradikalen Kreisen gilt das Lokal als Ort der »nationalen Jugendarbeit«. Am vergangenen Donnerstag sollte erneut klar gemacht werden, dass die antifaschistischen Initiativen der Stadt dies nicht weiter hinnehmen wollen. Das zeigen sie seit mehreren Monaten mit Demonstrationen und anderen Aktionsformen, wie etwa einem HipHop-Jam. Der Verpächter, die Dortmunder Actienbrauerei, hofft inzwischen durch eine Auflösung des Pachtvertrages das Problem lösen zu können. Eine Konsequenz der Proteste ist auch, dass die dienstägliche Freibierstunde in dem Lokal abgeschafft wurde, dafür kosten allerdings sonntags zwischen zehn und zwölf Uhr alle Getränke nur einen Euro.
»Es geht hier nicht um irgendwelche Randale oder darum etwas zu zerstören«, hatte ein Mitglied von Courage gegen Rechts bereits im Vorfeld der Aktion am vergangenen Donnerstag klargemacht, »es geht darum, dass wir uns zeigen.« »Beziehungsweise das zeigen, was man Zivilcourage nennt«, ergänzte ein anderer bei der Vorbesprechung. Die Teilnehmer des Kneipenbesuchs am vergangenen Donnerstag hielten sich daran, es kam zu keinen Zwischenfällen. Das könnte auch daran liegen, dass die Kneipengänger vereinbart hatten, das Lokal nach spätestens zwanzig Minuten zu verlassen, noch bevor faschistische Schlägertrupps das Lokal hätten erreichen können.
Kurz vor halb neun stimmen einige das Partisanenlied »Bella Ciao« an, andere fallen ein. Danach schmettern die Antifas »Die letzte Schlacht gewinnen wir« von »Tonsteine Scherben«, anschließend übertönt »Die Internationale« die Schlager aus den Lautsprechern der Kneipe. Lieder die im »Postmeister« wohl noch nie erklungen sind.
Um 20.40 Uhr verlassen die etwa fünfzig Teilnehmer der Aktion den »Postmeister« wieder, noch bevor die von der Wirtin alarmierte Polizei eingetroffen ist. Katja Robson hinterlassen die Antifaschistinnen und Antifaschisten neben Flugblättern noch eine Botschaft: »Heute ist nicht aller Tage, wir kommen wieder, keine Frage«, rufen sie in das jetzt wieder ziemlich leere braune Lokal. Eine Demonstrantin gibt den verbliebenen Gästen und der Wirtin noch eine Lektion in Sachen Meinungsfreiheit: »Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen.«