Webwecker Bielefeld: franzen03

»Ich habe das Bohren dicker Bretter gelernt« (Teil 3)



Wie viel Geduld muss man denn noch mit dem neuen Bahnhofsviertel haben?

Das weiß ich nicht. Dort sind mehrere Investorenpläne geplatzt. Es wird sicher neue Anläufe geben. Wenn ich daran denke, wie lange es gedauert hat, das berühmte Sieker Loch zu füllen. Dort hat es enormen Druck gegeben, auch dort großflächigen Einzelhandel anzusiedeln, auch in der Zeit, als Rot-Grün Verantwortung in Bielefeld hatte. Ich habe mich dem immer sehr vehement wiedersetzt und dafür plädiert, in Ruhe und Geduld abzuwarten. Am Ende ist da auch etwas Gescheites herausgekommen.


Sie sind ja Studienprofessor am Oberstufenkolleg. Halten Sie die Idee der Offenen Ganztagsgrundschule, wie sie im Moment diskutiert wird, für gut? Und können Sie die Kritik der Gewerkschaften nachvollziehen?

Der Ansatz ist richtig. Ich arbeite seit 30 Jahren an einer Bildungsreformeinrichtung. Wir haben viele Fragen, die jetzt im Zusammenhang mit Pisa diskutiert werden, bereits vor 30 Jahren diskutiert. Viele Ansätze davon sind bei uns längst realisiert. Allerdings sehe ich es so, dass das jetzt vorgeschlagene Modell nur ein erster Schritt sein kann. Man muss jetzt schauen, dass man das inhaltlich füllt, und dann müssen sich weitere Schritte anschließen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auch in Deutschland mittelfristig dazu kommen müssen, weitgehend unsere Bildung in Ganztagsschulen anzubieten.


Und die Kritik der Gewerkschaften, die befürchten, dass die jetzigen Hort-Mitarbeiterinnen in dem neuen Konzept keinen Platz oder zumindest nur einen schlechter bezahlten Platz finden werden?

Da ist natürlich was dran, aber das halte ich nicht für den entscheidenden Punkt. Dafür wird man Lösungen finden. Man kann nicht immer so auf Probleme zugehen, dass man jede Veränderung von Bestehendem ablehnt.


Momentan laufen in Bielefeld die Gedankenspiele und auch abgebrochenen Planungen zur Teilprivatisierung des Umweltbetriebs. Wie stehen sie zu weiterer Teilprivatisierung städtischen Eigentums?

Die wirtschaftlichen Betätigungen der Stadt sind kein Selbstzweck. Da geht es einmal darum, bestimmte wirtschaftliche Leistungen zu erbringen. Zum zweiten geht es darum, den Einfluss der Kommune in bestimmten Bereichen zu sichern. Wenn man weitere Betriebe der Stadt privatisieren will, muss man sehr genau darauf schauen, ob diese beiden Kriterien auch weiterhin erhalten bleiben. Striktes Kriterium: Es muss sich wirtschaftlich langfristig für die Stadt rechnen. Und es muss geklärt werden, ob wichtiger kommunaler Einfluss verloren geht. Beim Umweltbetrieb hat die Stadt ein großes Interesse, bestimmte Dinge kommunal zu beeinflussen. Da sind einmal die Umweltaspekte und zum anderen die Gebühren. Ob sich eine Privatisierung des Umweltbetriebes langfristig für die Stadt rechnet, das ist nach wie vor sehr fraglich. Die Gutachter, denen jetzt gekündigt worden ist, sind den Nachweis dieser Wirtschaftlichkeit schuldig geblieben.


Hätten Sie denn grundsätzliche Bedenken?

Teilprivatisierung mit geeigneten Partnern aus der Region, so dass die Stadt einen Mehrheitsanteil von 50,1 Prozent behält, kann ich mir im Grundsatz vorstellen. Es muss aber sichergestellt werden, dass in den Verträgen die kommunalen Interessen gewährleistet sind, Gebührenstabilität und Umweltstandards sind die beiden wichtigsten Stichworte. Und es muss nachgewiesen werden, dass es sich langfristig rechnet und nicht nur ein hoher Einmaleffekt durch den Verkaufserlös erzielt wird.


Das haben Sie bei dem Modell, das die bürgerliche Mehrheit angestrebt hat, nicht mehr gesehen?

Nein. Die Gutachter haben sich in einer Art Salamitaktik immer weiter rückwärts bewegt. Da wurden die lukrativen Teile rausgetrennt und die weniger lukrativen sollten bei der Stadt verbleiben. Und die ursprüngliche Vorgabe, Gebührenerhöhung nur im Rahmen von Inflationsausgleich wurde aufgegeben.



Nächste Woche folgt der zweite Teil des Interviews