Geht es nach dem Willen von Ministerpräsident Peer Steinbrück wird Ostwestfalen-Lippe eine von bundesweit drei bis vier Modellregionen für Bürokratieabbau. Die OWL Marketing GmbH hat bereits Vorarbeiten für eine »Wirtschaftsnahe Verwaltung« geleistet.Von Mario A. SarclettiAm vergangenen Donnerstag sprach sich Ministerpräsident Peer Steinbrück dafür aus, dass Ostwestfalen-Lippe zu einer »Modellregion für Bürokratieabbau« wird. Bei dem Projekt soll es darum gehen, »Auflagen und Verfahren auf breiter Front zu überprüfen und überflüssige Vorschriften so schnell wie möglich abzuschaffen«, so Steinbrück bei der Bekanntgabe der Entscheidung für OWL.
Modellregionen sind Teil des »Masterplans Bürokratieabbau«, den die Bundesregierung Ende Februar verabschiedete. Während in dem Kabinettsbeschluss noch die »Stärkung der Bürgergesellschaft« als erstes Ziel des Masterplans definiert wird, geht es in den Vorschlägen der OstWestfalenLippe Marketing Gmbh nicht um bürgernahe, sondern um eine »Wirtschaftsnahe Verwaltung.«
Seit Ende des vergangenen Jahres befragten die beiden regionalen Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammer 2000 Unternehmen nach ihren Wünschen für Öffnungs- und Experimentierklauseln. Aus insgesamt 171 Vorschlägen wählte ein Fachbeirat anschließend 35 Bereiche, in denen nach seinen Vorstellungen eine Deregulierung wünschenswert wäre. Vor allem bei Planungs- und Genehmigungsverfahren wünscht sich der Fachbeirat, dass den »Unternehmen mehr Luft zum Atmen« gegeben werde.
Viele der beanstandeten Verordnungen beziehen sich auf den Umweltschutz. So sei die »Verordnung über abwassergefährdende Stoffe« zu kompliziert, ein gesetzlich geforderter Mindestabstand von 35 Metern zwischen Gebäuden und dem Waldrand werden als Wirtschaftshemmnis angesehen. Dass Naturschützer die Wirtschaftswünsche skeptisch sehen war daher absehbar.
Die Vorschläge des Fachbeirats der OWL-Marketing GmbH sehen auch die Förderung von Existenzgründern vor. Unter anderem soll ihnen die Nutzung von Hochschuleinrichtungen erleichtert werden, die Arbeitsstättenverordnung soll für sie fünf Jahre lang - außer in Bereichen, die den Gesundheitsschutz betreffen nicht gelten.
Ein weiterer Teil des Maßnahmenkatalogs der OWL-Marketing befasst sich mit dem Arbeits- und Sozialrecht. Geht es nach den Wünschen der Wirtschaft, sollen die Ladenöffnungszeiten freigegeben werden, Geschäfte von Montag bis Samstag rund um die Uhr geöffnet werden dürfen, Sonntagsöffnung sollen die Kommunen öfter als bisher genehmigen können. Auch der Abschluss befristeter Beschäftigungsverhältnisse soll erleichtert werden, bisher untersagte Kettenverträge sollen möglich werden.
Neben der befristeten Aussetzung der entsprechenden Rechtsvorschriften in der Region sieht die OstWestfalenLippe Marketing GmbH noch zwei weitere Säulen der Initiative »Wirtschaftsnahe Verwaltung« vor: In gemeinsamen Seminaren sollen sich Mitarbeiter aus Behörden und Betrieben des Themas annehmen und an Fallstudien lernen, »wie gesellschaftliche Interessen einerseits und wirtschaftliche Bedürfnisse andererseits im konkreten Fall gut ausbalanciert werden können«, wie es in einem Memorandum der OWL-Marketing GmbH heißt. Unter dem Motto »Zur Nachahmung empfohlen« sollen »gute« Beispiele von wirtschaftsnaher Verwaltung auf einer Rundreise durch die Region präsentiert werden. Auf die Suche nach solchen Beispielen machen sich das Rationalisierungskonsortium der Wirtschaft, die Bertelsmann Stiftung und die Mittelstandsoffensive NRW.
Ob das Ergebnis der Modellregion OWL eine gute Balance von gesellschaftlichen Interessen und denen der Wirtschaft bringt, bleibt bei der Dominanz der Wirtschaft in der Initiative abzuwarten.
Info: Die Vorschläge der OstWestfalenLippe Marketing GmbH finden sich im Internet unter
www.ostwestfalen-lippe.de/modellregion/memorandum_internet.pdf