Webwecker Bielefeld: crossborder01

Grenzlose Geldvermehrungsmaschine? ( 09.07.2003)



Die Stadt Bielefeld will sein Schienennetz vermieten und wieder zurückmieten. Aber wie funktioniert Cross-Border-Leasing?










Graphik: Im Zentrum des Geschäfts steht ein noch zu bildender Trust. Er wird in den USA eingetragen. Sein ausschließlicher Geschäftsgegenstand würde die Vermietung beziehungsweise Rückmietung der Bielefelder Straßenbahnschienen sein. Der Trust würde treuhänderisch verwaltet, zum Beispiel durch eine in den USA ansässige Anwaltskanzlei. In den Trust fließt Geld: Eigenkapital durch den US-Investor sowie Fremdkapital beteiligter Banken, die praktisch die Summe in den Trust einzahlen, die die Stadt Bielefeld für die Miete aufbringen muss. Durch die Trustkonstruktion soll verhindert werden, dass bei einer möglichen Insolvenz des US-Investors auch die Stadt Bielefeld betroffen sein könnte. Der Trust soll als eigenständige juristische Person existieren, das heißt, auf sein Kapital könnte im Falle einer Pleite des Investors eine Insolvenzverwaltung nicht zurückgreifen.


Cross-Border-Leasing: Ja oder Nein? Diskutieren Sie darüber in unserem Forum!






Von Manfred Horn


Cross-Border-Leasing, die neue Waffe der Gebeutelten? Kommunen geraten immer mehr in Finanznot, nicht zuletzt auf Grund der Steuergesetzgebung in der Bundesrepublik. Gesetze und Verordnungen werden in Berlin erlassen, in Bielefeld guckt der Kämmerer in seine hohle Hand. Da liegt es nahe, alternative Wege zu suchen, um der Stadt Geld zufließen zu lassen.

Nun plant die Stadtverwaltung das gesamte Schienennetz der Stadtbahn zu vermieten. Und zwar an einen us-amerikanischen Investor. Unverbindliches Interesse soll bereits bekundet sein. Der Vertrag könnte, so der Zeitplan der Verwaltung, Ende 2003 unterschrieben werden. Der grenzüberschreitenden Vermietung (»Cross Border«) für 99 Jahre folgt die Rückmietung des Schienennetzes durch die Stadt beziehungsweise des ausgelagerten Verkehrsunternehmens MoBiel für zunächst 30 Jahre. Vermieten - zurückmieten: Die Verwaltung geht davon aus, dass durch dieses vertragliche Hin- und Herschieben der Schienen 15 bis 20 Millionen sofort nach Vertragsabschluss auf das Konto der Stadt überwiesen werden. Und zwar deshalb, weil sich die Steuergesetze in den USA und Deutschland deutlich unterscheiden. Der US-Investor kann die Investion in den USA abschreiben und kommt dabei wesentlich günstiger weg als vergleichsweise in Deutschland. Ein Teil davon - wieviel ist nicht bekannt - verschwindet in den Taschen des Investors, der zweite Teil - die besagten 15 bis 20 Millionen Euro - wird an die Stadt Bielefeld überwiesen.

Erfahrungen hat MoBiel - damals noch Stadtwerke - damit bereits im kleineren Umfang gesammelt: Als 1997 neue Straßenbahn-Waggons angeschafft wurden, wurde ebenfalls cross-border-geleast. Das jetzige Geschäft hat eine weit größere Dimension. Vorläufer in NRW gibt es bereits. In Düsseldorf, Dortmund und Essen fahren die EinwohnerInnen über cross-border-geleaste Schienen. Der Finanzvorteil für die drei Städte zusammen: 200 Millionen Euro.

Ein solches Geschäft ist nicht ohne Risiko: Wie groß es letztlich ausfällt und ob es vertretbar ist, darüber werden sich die politischen Parteien im Rat ab der nächsten Woche offen streiten. Die BfB ruft im Vorfeld zu gründlicher Prüfung auf, die Grünen sind gegen das Geschäft, das Verhalten der SPD ist unbekannt. Eindeutige Befürworterin wird die CDU sein. Das geplante Geschäft ist unter anderem Thema im Hauptausschuss am Donnerstag der nächsten Woche. Sollte sich eine Mehrheit für das Cross-Border-Leasing finden, so müssten auch noch MoBiel und die Stadttochter BBVG (Bielefelder Beteiligungs- und Vermögensgesellschaft) zustimmen, da Teile des Schienennetzes in deren Eigentum sind. Der US-Investor wird aber nur zuschlagen, wenn er das Netz als ganzes bekommen kann.