Partnerstadt Esteli (Teil 2)
Geld, das bedacht verwendet wurde: 142 neue Häuser entstanden in einem neuen Viertel, Platz für die 700 Menschen. Das Grundstück erwarb die Stadt, die Baumaterialen wurden von den 500.000 Mark und Spenden aus den anderen Partnerstädten bezahlt, insgesamt 3 Millionen Mark. Das neue Viertel ›Nuevo Amanecer‹ ist seit September 2000 fertig. Die Bewohner indes mussten beim Bau mit anpacken, durften aber auch mitbestimmen. Dafür sind sie heute Eigentümer der Häuser, müssen ihr Eigentum aber in Raten abbezahlen. Dies ist oft schwierig, da beispielsweise eine Lehrerin in Nicaragua nur 60 Euro verdient. So werden dann über viele Jahre kleinere Eurobeträge für das Baumaterial abbezahlt. »Dadurch entsteht Verantwortung für das Geschaffene und Identifikation damit«, sagt Inge Schulze.
Doch es gibt auch Projektideen, die quer zu diesem Gedanken liegen. So ist seit einiger Zeit die Europäische Union in Esteli aktiv. Es gab erfolgreiche Kooperationen mit der EU, beispielsweise ein Trink- und Abwasserprojekt sowie ein agrarökologisches Projekt im Umfeld von Estelí. Im Moment jedoch hat die EU offensichtlich noch Entwicklungshilfe-Geld übrig. Sie will jetzt auch Häuser in Esteli bauen und diese dann verschenken. Dies sieht Erika Stückrath kritisch: »Die EU sucht hier nach Anlagemöglichkeiten für ihre Entwicklungshilfe«. Bekämen die Bewohner die Häuser tatsächlich geschenkt, »sind wir mit unseren Bemühungen am Ende«. Damit entstehe eine fatale Nehmermentalität nach dem Motto: Die Hilfe wird schon kommen, dafür müssen wir nichts tun. Häuser könnten die Einwohner Estelis schon gebrauchen, es herrscht Wohnungsnot. Noch hofft Stückrath auf eine Einigung, Schulze schlägt vor, einen Teil der EU-Gelder an das Projekthaus Casa del Mundi zu geben.
Ebenfalls mit den Geldern aus den Partnerstädten mitfinanziert wurde die Einbettung des Flusses. Damit soll er beim nächsten Hurrican dort bleiben, wo er ist. Er hat sich nämlich nach dem Hurrican ein anderes Flussbett gesucht. Die neuen Brücken hat man so flach konstruiert, dass sie überflutet werden können, ohne zerstört zu werden. Und: Die Stadt hat am Fluss entlang einen Grünstreifen angelegt, auf dem nicht gebaut werden darf. Erstmals hat Esteli ein innerstädtisches Erholungsgebiet mit Bäumen und Rasen, auf dem die gesamte Bevölkerung flanieren kann.
Von den Projekten, die in Esteli laufen und die vom Welthaus Bielefeld und Bielefelder Schulen unterstützt werden, hat Inge Schulze eines besonders interessiert: Es ist das Umweltprojekt für alleinerziehende Frauen im Armenviertel Boris Vega. Die Erwerbschancen in Estelí sind für allein erziehende Frauen besonders gering. Viele Frauen in den ärmeren Stadtvierteln haben sehr große Mühe, sich und ihre Kinder zu ernähren. Das Umweltprojekt besteht inzwischen seit sechs Jahren. Neben der Sammlung organischer Abfälle und deren Verarbeitung zu Kompost steht das Papier-Recylcing im Mittelpunkt. Gesammeltes Papier wird neu geschöpft, Schreibblocks und ähnliches entstehen. Zwar können die Frauen noch nicht alleine von diesem Projekt leben. Aber: »Die Frauen haben über diese Arbeit für sich selbst profitiert. Das Projekt strahlt über das Wohnquartier hinaus.«
Im Internet unter www.welthaus.de finden sie weitere Projekte, die unterstützt werden. Zur Zeit läuft auch noch die große Spendenaktion des Welthauses »Bielefeld hat Freunde in der Welt«, wobei auch gezielt für Projekte in Esteli gespendet werden kann. Am Freitag, 14. November, um 19 Uhr eröffnet eine Ausstellung mit dem Titel ›impresiones de Esteli‹ in der galerie. artists unlimited. Die Ausstellung läuft nur drei Tage bis Sonntag. Zudem wird ebenfalls bei artists unlimited, Viktoriastraße 24, am Samstag um 19 Uhr der Film ›Der neue Morgen‹ über ein Stadtteil in Esteli gezeigt; am Sonntag um 18 Uhr findet ein Gespräch über die ›funarte‹-Schule in Esteli statt