Gedenken an Pogromnacht (12.11.2003)
| |
Die brennende Synagoge in Bielefeld vor 65 Jahren
|
Von Manfred HornAm Sonntag Morgen versammelten sich über 200 Menschen in der Turnerstraße, um sich an die Pogromnacht vor 45 Jahren zu erinnern. Damals wurde in Bielefeld wie in vielen anderen Orten des Deutschen Reichs auch die Synagoge in Brand gesteckt. Reichspropagandaminister Goebbels ordnete die Aktion am Abend des 9. November 1938 an. Alle Gestapo-Dienststellen wurden über die Organisation des Pogroms informiert. Die Gestapo als politische Polizei des Nationalsozialismus sollte jeweils vor Ort die Pogrome initiieren.
In Bielefeld wurde die Synagoge in der Nacht vom 9. zum 10. November angezündet. Um Mitternacht schlugen die ersten Flammen aus dem Gebäude, die Feuerwehr wurde erst vier Stunden später informiert, als das Gebäude längst schon nicht mehr zu retten war. In dem Bericht heißt es: »Das Feuer war so stark und die Einsturzgefahr so groß, daß die Feuerwehr sich unter Anwendung von 15 C-Rohren auf den Schutz der Nachbargebäude beschränken mußte«. Die Synagoge brannte bis auf die Grundmauern nieder, die Ruinen wurden kurze Zeit später abgetragen. In der selben Nacht wurden auch 18 jüdische Geschäfte von der SS beschädigt, Ladentüren zertrümmert, Schaufenster eingeschlagen. Der damalige Oberbürgermeister Friedrich Budde äußerste sich in einem Bericht an die Regierung auf besonders perfide Weise. Er erklärte das Einverständnis der Bielefelder Bevölkerung mit der »Bekämpfung des Judentums«: »Gegen die Zerstörung der Synagoge ist im großen und ganzen nicht viel eingewendet worden«. Budde, strammer NSDAP’er, kritisiert in dem Bericht aber, dass jüdische Geschäfte beschädigt wurden. Nicht etwa, weil Budde Sympathie mit der jüdischen Bevölkerung gehabt hätte, sondern weil diese in »arischen Besitz« übergehen sollten – und später auch gingen. Budde wollte Sachwerte schützen, die bald der deutschen Volksgemeinschaft gehören sollten.
Am Morgen des 10. November 1938 verhaftete die Gestapo zwischen 40 und 50 jüdische Männer, die genaue Zahl ist unbekannt. Am 12. November brachte man einen großen Teil von ihnen in das Konzentrationslager Buchenwald.