Videoüberwachung kommt (02.07.2003)
Von Manfred HornAls Anfang Juni NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) den Koaltionspoker in NRW mit einem »Bündnis für Erneuerung Aufbruch für NRW« getitelten Papier eröffnete, forderte er noch die »landesgesetzlichen Voraussetzungen für einen breiteren Einsatz von Videoüberwachung, Rasterfahndung und des Platzverweises« zu schaffen. Die Landesdelegiertenkonferenz der Grünen hatte genau das am 23. Mai mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt , auch die »Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen« (ASJ) senkte den Daumen. Ein breites Bündnis von Datenschützern und Bürgerrechtlern formierte sich in den vergangenen Wochen gegen die Verschärfung des NRW-Polizeigesetzes, das für die geplanten Veränderungen noch geändert werden muss.
Dem scheint jetzt nichts mehr im Wege zu stehen. In dem neuesten Papier »Düsseldorfer Signal für Erneuerung und Konzentration«, welches die rot-grüne Koalition am Montag als Grundlage für die weitere Arbeit bis 2005 gemeinsam verabschiedet hat, ist von innerer Sicherheit keine Rede mehr. Stattdessen teilt das Innenministerium NRW lapidar mit, der Innenausschuss des Landes habe in der vergangenen Woche grünes Licht für die Änderung des Polizeigesetzes gegeben. Wobei »grün« durchaus wörtlich zu nehmen ist: Die vier grünen Mitglieder des Innenausschusses beugten sich dem SPD-Vorschlag und stimmen damit gegen den Beschluss ihrer Partei, der eine Verschärfung des Polizeigesetzes verneinte. Gegen alle parteiinternen Bedenken setzte sich der Wille, die rot-grüne Koalition in Düsseldorf fortzusetzen, durch. Jetzt muss die Änderung des Polizeigesetzes nur noch den Landtag passieren, wo es eine breite Mehrheit geben dürfte.
Zukünftig soll an Kriminalitätsbrennpunkten gezielt polizeilich videoüberwacht werden. Die Polizei darf dabei alle Straftaten per Videokamera aufzeichnen, bisher war dies rechtlich nur bei Delikten von erheblicher Bedeutung möglich. Die Überwachung per Video an einem Kriminalitätsbrennpunkt ist auf ein Jahr befristet, kann aber nach Überprüfung durch die zuständige Polizeibehörde jederzeit verlängert werden. Die Video-Beobachtung müsse dabei für jedermann erkennbar sein, die Kameras dürfen also nicht versteckt aufgebaut werden, erklärt das Innenministerium. Platzverweise sollen zukünftig »langfristig« möglich sein, die Rasterfahndung werde auf eine »neue, präzisere Rechtsgrundlage gestellt«.
»Mit dem abgewogenen Gesetzentwurf kommen wir dem berechtigten Wunsch der Menschen nach, sich auf öffentlichen Straßen und Plätzen möglichst sicher zu fühlen. Gleichzeitig ist er eine eindeutige Absage an den Überwachungsstaat«, erläuterte Behrens. Dabei sollen die »positiven Erkenntnisse aus dem Bielefelder Modellprojekt umgesetzt werden«. Gerade dieser Modellversuch dient den zahlreichen KritikerInnen als Beweis für die Sinnlosigkeit von Videoüberwachung. Andere Maßnahmen seien wesentlich effektiver, um Kriminalität einzudämmen. Im Gegensatz zu Behrens sehen die KritikerInnen wie der Bielefelder Datenschutzverein FoeBuD sehr wohl einen Überwachungsstaat kommen (
Webwecker berichtete).