Deutschland irgendwie auch dabei
Die deutsche Regierung hält sich während des Irak-Kriegs verbal zurück. Schon seit dem Bundestagswahlkampf 2002 hatte sie sich positioniert: Sie werde sich nicht an einem solchen Krieg beteiligen. Politisch profitieren SPD und Grüne von ihrem Antikriegs-Kurs, sehen sich dabei deckungsgleich mit großen Teilen der Bevölkerung.
Neben allen verbalen und diplomatischen Bemühungen für einen Frieden im Irak unterstützt die Regierung den Krieg der »Koalition der Willigen« aber ganz praktisch. Spätestens beim NATO-Gipfel im November 2002 sind wohl die entscheidenden Absprachen zwischen George Bush und Gerhard Schröder gelaufen. Sie beinhalten ABC-Spürpanzer in Kuwait, die freie Nutzung der us- und britischen Stützpunkte in der Bundesrepublik sowie deren Schutz und Überflugrechte über den deutschen Luftraum. Deutsche Offiziere in AWACS-Überwachungsflugzeugen sind am Kriegseinsatz indirekt beteiligt, selbst wenn sie nur, wie es offiziell dargestellt wird, den türkischen Luftraum vor eventuellen Angriffen der irakischen Armee überwachen. Damit komme, so die Sprachregelung, die Bundesregierung ihren Bündnisverpflichtungen nach.
Auch stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Bundesrepublik Aufbauhilfe im vom Krieg zerstörten Krieg leisten wird. Zwar beanspruchen die USA die Hegomonialstellung in der Nachkriegsordnung im Irak, dennoch werden sie bei ihren Bündnispartnern die Hand aufhalten.
Beim Nato-Gipfel in Prag im November 2002 wurde auch die Einrichtung einer weltweit operierenden Nato-Eingreiftruppe (Nato-Response Force) beschlossen. 21.000 Soldaten sollen zukünftig global intervenieren können. Faktisch droht damit eine Übernahme der neuen Bush-Doktrin präventiver »Selbstverteidigungs«- bzw. Angriffskriege. Die Zukunft nächster Konflikte wird zeigen, ob die bundesdeutsche Regierung bei ihrem Nein zum Krieg bleibt.
Während des Kriegs entschied das Bundesverfassungsgericht, welches von der FDP-Bundestagsfraktion in einem Eilantrag angerufen wurde, der Bundestag müsse dem Einsatz von Bundeswehrsoldaten in den AWACS-Maschinen nicht zustimmen. Damit hat die Bundesregierung ihr Ziel erreicht. Auch bei den Überflugrechten setzte man darauf, dass sie einfach geschehen. Die Bundesregierung tat nichts, um die britischen und us-amerikanischen Streitkräfte am überfliegen des deutschen Luftraums Richtung Irak zu hindern. Einige kritische Stimmen innerhalb der grünen Fraktion waren nicht mehr als Randbemerkungen.
Dabei hätte die Regierung die Überflugrechte durchaus verweigern können. Zu diesem Ergebnis kam ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Ohne Zustimmung der UNO hätte die Bundesregierung Nein zum Überfliegen sagen können. Dem Gutachten zufolge haben die USA kein Recht, präventive Angriffshandlungen über das Territorium der Bundesrepublik zu führen. Das Natostatut räumt den USA Nutzungsrechte nur dann ein, wenn es sich um Übungsbetrieb oder einen Fall von Bündnisverteidigung handelt. Ein Bündnisfall liegt aber nicht vor. Dazu hätte es eines UNO-Beschlusses bedurft. Außerdem müssen befreundete Truppen wie die der USA das «Recht des Aufnahmestaates» achten. Hierbei ist Artikel 26 Grundgesetz von Bedeutung, der Beihilfe bei einem Angriffskrieg verbietet.