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Geschichte der Kurden (Teil 2)



Die Linie des türkischen Staates – »Es gibt kein Kurdenproblem, sondern nur ein Terrorismusproblem« – gilt bis heute, und wird gegenwärtig nur durch die Anforderungen der Europäischen Union abgemildert. Die EU verlangt vom türkischen Staat, den Kurden zumindest gewisse kulturelle Mindestrechte zuzugestehen. Inzwischen darf kurdische Sprache gesprochen und kurdische Musik gehört werden, von politischer Partizipation oder gar Autonomie sind die Kurden in der Türkei aber weit entfernt. Die Amtssprache ist weiterhin türkisch, Schulen, in denen Kurdisch unterrichtet wird, gibt es nicht.

Den heftigsten Konflikt der jüngeren Gegenwart lieferte sich die »Arbeiterpartei Kurdistans« (PKK) mit dem türkischen Staat. Seit Mitte der 80er Jahre lieferte sie sich einen blutigen Guerillakampf. Ihre Ideologie war marxistisch, jedoch immer mit deutlichem nationalen Gewicht. Spätestens seit der Verhaftung des Führers der PKK, Abdullah Öcalan, ist die PKK von ihrer militärischen Strategie abgewichen. Öcalan, zunächst zum Tode verurteilt, inzwischen aber auf Druck der EU in lebenslanger Haft, war die charismatische Figur der PKK, seit vier Jahren ist die PKK ohne große Relevanz. Dem Krieg zwischen dem türkischen Staat und der PKK fielen 40.000 Menschen zum Opfer. Bei den von der Armee und Spezialeinheiten angerichteten Massakern an der Zivilbevölkerung anlässlich des kurdischen Neujahrstages Newroz am 21. März 1992 beispielsweise hat es mehr als 100 Todesopfer gegeben. Selbst legal gewählte kurdische Abgeordnete in der türkischen Nationalversammlung wurden des »Separatismus« beschuldigt und zu hohen Haftstrafen verurteilt, einige von ihnen sitzen noch heute in Haft. Es kam zu einer Fülle von Menschenrechtsverletzungen gegen die kurdische Bevölkerung, viele Dörfer wurden vernichtet und die Kurden zwangsumgesiedelt. Inzwischen wurden Dutzende von Fällen vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg verhandelt, der türkische Staat muss hohe Entschädigungssummen bezahlen. Auch in Deutschland verfolgte der Staat PKK’er, wendete gegen einen Teil von ihnen den Terrorismus-Paragraphen §129a an und Verbot Mitte der 90er Jahre die Partei. Anderseits lieferte die Bundesrepublik immer wieder Waffen an die Türkei, die ebenfalls in der NATO ist, teilweise aus Altbeständen der aufgelösten DDR-Armee.

Die Unterdrückung der Kurden und ökonomische Vernachlässigung in den Gebieten, in denen sie leben, gilt mehr oder weniger für alle vier Staaten, auf die sie sich verteilen. Nur für ein Jahr gab es in den Nachkriegswirren 1946 auf dem Territorium des heutigen Iran für ein Jahr einen kurdischen Staat »Mahabat«. Am 25. August 1942 marschierten sowjetische und britische Truppen im Irak ein. Gleichzeitig dankte der Schah ab. Mit Hilfe der Sowjetunion entstand 1946 die autonome kurdische Republik mit Mahabat als Hauptstadt. Mit dem Abzug der russischen Truppen durch Einhandeln sowjetischer Privilegien beim persischen Öl besetzte 1947 die iranische Armee Kurdistan. Dessen Präsident Quazi Muhammed wurde hingerichtet. Der damalige Verteidigungsminister Barzani – sein Sohn ist heute Führer der kurdischen Partei PUK, die in den kurdischen Gebieten des Irak eine wesentliche Rolle spielt – entkam mit 1000 Soldaten in den Irak. Barzani selbst ging später ins russische Exil.

Im Irak werden die Kurden seit der Machtübernahme Saddam Husseins unterdrückt, viele von ihnen vertrieben und getötet. Im Ersten Golfkrieg in den 1980er Jahren zwischen Irak und Iran wurde auf kurdischem Siedlungsgebiet ein »Stellvertreterkrieg« geführt, die kurdischen Dörfer entlang der irakisch - iranischen Grenze wurden systematisch zerstört, die Bevölkerung vertrieben. Hunderte von kurdischen Jugendlichen, die den Militärdienst verweigerten, wurden hingerichtet. Die kurdischen Jugendlichen wurden als potentielle kurdische Patrioten angesehen.