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Osterspaziergang für den Frieden (23.04.2003)



Am Ostersamstag fand auch in Bielefeld der Ostermarsch statt. Die Tausenden, die noch vor vier Wochen gegen den Krieg demonstriert hatten, konnten für die Traditionsveranstaltung der Friedensbewegung nicht gewonnen werden.

Von Mario A. Sarcletti

Die Dichte der Regenbogenfahnen am Ostersamstag auf dem Jahnplatz war hoch, die Zahl gering. Es war schon der harte Kern der Friedensbewegung, der sich zum traditionellen Ostermarsch versammelte und wer dem angehört, hat auch eine Fahne mit der Aufschrift »PACE« zu Hause. Für viele der etwa 150 Demonstranten war es nicht der erste Ostermarsch, der Altersdurchschnitt der Demonstranten lag in den Vierzigern. Ebenso wie einige Teilnehmer war auch die Musik, die den Marsch zur Kaserne an der Oldentruperstraße begleitete, wahrscheinlich schon bei den ersten Ostermärschen in den Sechzigern dabei.

Mit Pete Seeger und John Lennon macht man eine solche Veranstaltung nicht gerade zum Magneten für junge Menschen. Ob es an der Musik lag, am kalten Wind oder an den Osterferien: Die Jugendlichen, die bei den ersten Demonstrationen zu Kriegsbeginn noch voller Elan auf die Straße gingen, blieben der Veranstaltung fern.

Das ist schade, denn sie hätten einige interessante Gedanken hören können. Als erster formulierte die bei der Auftaktkundgebung Professor Dr. Karl Otto. Der beschrieb die Gefahr, die von dem Krieg gegen den Irak ausgeht, da die USA mit ihm das Gewaltverbot als Kernbereich des Völkerrechts aufgekündigt hätten. »Das macht die USA gefährlicher als es der bereits geschlagene Saddam Hussein, der ja schon am Boden lag, vor dem Krieg hätte sein können«, beschrieb Otto seine Sicht der Lage der Welt. Er wies jedoch darauf hin, dass die Supermacht nicht allein für diese Entwicklung verantwortlich sei. In der Washingtoner Erklärung zum 50. Jahrestag der NATO unterschrieben auch die anderen Mitglieder des Bündnisses die Umwandlung »von einem Verteidigungs- zu einem Interessensverteidigungsbündnis.«

»Zur Verteidigung gegen gegenwärtige und künftige Risiken ihre Kräfte auch außerhalb von NATO-Gebiet einzusetzen«, beschloss man damals, zitierte Professor Otto aus der Washingtoner Erklärung. Bei dem ersten Schritt in diese Richtung, dem Kosovo-Krieg machten auch noch die anderen NATO-Staaten mit, unter anderem die BRD. Mit dem Irakkrieg hätten sich die USA aber nicht nur an die Stelle der NATO sondern gleich an die der UNO gesetzt, skizzierte Otto den nächsten Schritt in Richtung neue Weltordnung.

»Pakistan und Indien könnten jetzt mit demselben Recht sagen: Unsere Verteidigung beginnt am Rhein«, beschrieb Otto die Gefahr dieser Entwicklung. Der könne nicht durch eine militärische Stärkung Europas als Gegenpart zu den USA begegnet werden. Das geeinte Europa könne einen wichtigen Beitrag zum Frieden liefern, so Otto. »Aber wir müssen fordern, dass wir in Europa die Avantgarde der Abrüstung werden um die USA zurückzuholen in das Boot des Völkerrechts, des Friedens und der Abrüstung«, rief der Soziologe aus.

Während Otto also die globalen Auswirkungen des Verhaltens der Supermacht theamtisierte, beschrieb Beatrix Ahlswede-Stefanik die Folgen des Krieges für die Menschen in den USA. Eine davon sei, dass sich ein Teil ihrer Landsleute in Bielefeld nicht mehr öffentlich über den Krieg äußern würde, so die US-Bürgerin. Der von George W. Bush nach dem 11. September erlassene Patriot Act ermöglicht den US-Behörden massive Eingriffe in die Bürgerrechte. Dabei sei das Gesetz für den Kampf gegen Terror gar nicht nötig gewesen, die geltenden Gesetze hätten dafür ausgereicht, erklärte Ahlswede-Stefanik. Bürgerrechtler befürchten, dass die Möglichkeiten, die der Patriot Act bietet, gegen Umweltschützer oder Globalisierungskritiker angewandt werden. »Menschen, die sich zu Protestzwecken versammeln können festgenommen werden«, beschrieb sie die Realität der amerikanischen Friedensbewegung der letzten Monate.