Unsichere Ausbildungsplätze an der Uni Bielefeld (10.12.2003)
Die Landesregierung NRW will im Rahmen des Doppelhaushalts 2004/ 2005 sparen. Unter anderem ist der Bereich Wissenschaft und Forschung betroffen. Aber nicht nur hier, sondern auch an einer ganz anderen Stelle in den Universitäten soll gekürzt werden: im Bereich der beruflichen Ausbildung. Die Landesregierung plant, von den zur Zeit 1900 Ausbildungsstellen an den Hochschulen circa 300 zu streichen. An der Universität Bielefeld fehlt derzeit für 17 freie Ausbildungsstellen die finanzielle Zusicherung. von Astrid HennEinen Film schneiden, eine DVD erstellen: Für Christine Rüdell und Asja Wiegand kein Problem. Dreharbeiten von Filmproduktionen oder Kameraeinführung mit Powerpoint: gelernt ist gelernt. Die beiden sind zwei von insgesamt drei Auszubildenden im Audiovisuellen Zentrum (AVZ) der Universität Bielefeld. Christine, bereits im zweiten Lehrjahr, macht die Ausbildung Spaß: »Wenn Zeit ist, kann man sich hinsetzen und eigene Projekte machen«. Asja, gerade im ersten Lehrjahr, ist von der Intensität begeistert: »Wir können uns verschiedene Software-Programme angucken und uns damit beschäftigen«. Und nebenbei vermitteln die beiden ihr Wissen noch an die Studierenden.
Landesregierung plant StreichungenNach drei Jahren sind Christine und Asja Mediengestalterinnen in Bild und Ton. Ein moderner und vor allem sehr gefragter Ausbildungsberuf, für den es in Bielefeld nur zehn Ausbildungsplätze gibt – drei von ihnen stellt die Universität zur Verfügung. Doch ob das in den nächsten Jahren auch so bleibt, ist unklar. Die nordrhein-westfälische Landesregierung plant, 326 Ausbildungsplätze an den Hochschulen zu streichen. An der Uni Bielefeld wären 10 der insgesamt 63 Plätze betroffen – immerhin ein Sechstel. In welche Bereiche gekürzt werden soll – die Uni bildet unter anderem im Bereich Gärtnerei, Mechanik, Tierpflege und Fachinformatik aus – ist noch offen.
Drohende JugendarbeitslosigkeitPaul John, Mitarbeiter im AVZ und Ausbilder von Christine und Asja, sieht in den Plänen der Landesregierung eine große Gefahr: »Wenn die Leute, die sich für einen solchen Beruf interessieren, keine Perspektive bekommen, diesen Beruf auch zu erlernen, dann rutschen sie nach der Schule schnell in die Arbeitslosigkeit«.
Aber nicht nur wegen der drohenden Arbeitslosigkeit, sondern auch wegen seinem ganz persönlichen Spaß an der Ausbildungstätigkeit setzt sich Paul John für den Erhalt der Ausbildungsstellen ein. Unterstützt wird er dabei von den anderen Ausbildern, von der Jugend- und Auszubildenden-Vertretung, vom Personalrat und auch von der Dienststellenleitung, also dem Kanzler und dem Rektor der Uni. Sie alle sind der Meinung, dass durch einen Wegfall von Ausbildungsstellen die Berufschancen von junge Leuten gemindert werden.Die Vorsitzende des Personalrats der Uni Bielefeld, Johanna Soufi, erklärt empört: »Der eigentliche Skandal daran ist, dass die Landesregierung einen Ausbau von Ausbildungsstellen gefordert hat – letztes Jahr ist Herr Clement mit dem Bus durchs Land gereist und hat geworben und spezielle Programme ins Leben gerufen!« Dass jetzt gerade an dieser Stelle gespart werden soll, ist für Soufi vor allem deshalb tragisch, weil die Universitäten 60 Prozent aller Ausbildungsplätze in den Landesbehörden stellen – und die Landesbehörden prozentual gesehen immer noch viel weniger Ausbildungsstellen anbieten als die privaten Betriebe.