»The Good Thief« (Start: 09.10.03)Von Harald ManningaEs ist fast, als wollte der Film sich vor dem wirklich großen Publikum verstecken: Nicht nur, dass er sich erst gut ein Jahr nach der Vorstellung beim Filmfestival in Toronto in die deutschen Kinos traut, nein, er meidet auch die Kinopaläste mit dem »C« im Namen, kündigt sich kaum irgendwo an, und wenn er sich dann doch mal zeigt, tut er das schon am ersten Tag erst abends um halb zehn. Nicht einmal einen deutschen Titel leistet er sich aber das ist womöglich eher gut so.
Sicher, Filme wie »Rosenstraße« und »Herr Lehmann«, die auch gerade in der Bielefelder »Kamera« laufen, sind eine Konkurrenz, gegen die man sich erstmal durchsetzen muss. Außerdem handelt es sich bei diesem Film ja »nur« um ein Remake, nämlich von Jean-Pierre Mevilles »Bob le Flambeur« von 1955, der auf Deutsch »Drei Uhr nachts« hieß und wohl schon damals nicht viel Aufsehen erregt hat. Aber verstecken muss sich »The Good Thief« trotzdem nun wirklich nicht.
Das gilt zunächst und vielleicht vor allem wegen Nick Nolte, der seine Rolle mehr als nur ausfüllt, wobei er seine Mitspieler manchmal etwas an den Bildrand spielt. Nolte spielt den abgehalftertern und in die Jahre gekommenen, heroinsüchtigen Dieb, Betrüger und Spieler Bob Montagnet, der eigentlich mit allem schon am Ende ist und nur noch drauf wartet, dass wirklich alles vorbei ist. Dabei ist er außerdem hochgebildet, versteht viel von Mathematik das muss ein Spieler nämlich und von Kunst, hat auch sonst Geschmack und trägt tolle Klamotten. Jedenfalls manchmal. Nebenbei boxt er immer mal einen kleinen Afghanen bei der Polizei raus, gibt einer Freundin Geld, damit sie eine Kneipe aufmachen kann, hilft überhaupt allen in allen Lebenslagen. Auch der 17-jährigen bosnischen Prostituierten Anne, deren Zuhälter er in eine Schlägerei verwickelt, um ihm dabei ihren Pass aus der Tasche zu ziehen. Ein eigentlich richtig guter Mensch quasi, der alles, was er tut, ganz tut, hochprofessionell und immer mit Stil und Anstand, so dass selbst die Polizei von ihm sagt: »Jeder mag Bob. Das ist ja das Problem!« Nämlich zum Beispiel wenn man ihn eigentlich wieder mal hoppnehmen müsste.
Dafür ist besonders der Kommissar Roger zuständig, gespielt von Tcheky Karyo (den Namen kann sich niemand merken, aber wenn man den Mann sieht, ist wieder klar: Ach, der ist das!) Er hat Bob schon unzählige Male verknackt, und im Laufe der gemeinsam verbrachten Berufsjahre ist man sich auch menschlich ziemlich nahe gekommen. Und so schwer es ihm auch fällt, es ist mal wieder so weit, er muss seinem alten Kumpel und Gegenspieler ins Handwerk pfuschen, weil der wieder einen Plan hat. Den richtig großen Coup: eine Spielbank in Monte Carlo um eine Kunstsammlung im Wert von 80 Millionen erleichtern. Und so liefern Bob und Roger sich so manche fintenreiche Vefolgungsjagd und so manches Wortgefecht, auch mit vielen Finten.
Das ist aber nur eine der Geschichten, die in diesem Film erzählt werden. Daneben gibts noch eine zarte Liebesgeschichte zwischen Bob und Anne, ein ziemlich verwickeltes Verwirrspiel um den großen Raub, der eigentlich ein dreifacher ist, davon einer nur ein Fake, mit dem man vom hauptsächlichen ablenken will, oder wie war das noch? Egal, es macht einfach Spaß, dabei zuzuschauen, auch dabei, wie viertens oder fünftens Bob im Smoking und Anne im kleinen Schwarzen die ganze letzte halbe Stunde des Films im Casino spielen und gewinnen bis die Schwarte kracht bzw. die Bank gesprengt ist, während der Rest der Bande durch die napoleonischen Abwasserkanäle robbt, um sich von unten einen Weg in den Tresorraum zu bahnen, wo die Originalbilder lagern. Denn im Casino hängen natürlich nur Kopien.