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Douglas K. Huneke "In Deutschland unerwünscht"



Titel: In Deutschland unerwünschtParadox: Im Sommer 1965 reiste Hermann Gräbe aufgrund einer Einladung von Überlebenden des Holocaust nach Jerusalem. In der Gedenkstätte Yad Vashem wurde er als einer der Gerechten der Völker geehrt. Hermann Gräbe ist einer der wenigen Deutschen, denen diese Auszeichnung verliehen wurde. Am 29. Dezember 1965 veröffentlichte Der Spiegel einen verleumderischen Artikel über Hermann Gräbe, der ihn als Lügner darstellt und als Zeugen des Holocaust fragwürdig erscheinen lässt.

Douglas K. Huneke bearbeitet in seinem Buch "In Deutschland unerwünscht. Hermann Gräbe. Biographie eines Judenretters" diese so entgegengesetzte Wertung. Hermann Gräbe, 1900 bei Solingen geboren, Heirat 1924, ist eine unauffällige Person. Er arbeitet als Bauingenieur, von 1931bis 1934 ist er Mitglied der NSDAP, er verspricht sich von der Partei Arbeit und Aufträge. Von Herbst 1941 bis Anfang 1944 arbeitet Fritz Gräbe als Geschäftsführer und leitender Ingenieur der Baufirma Jung in Sdolbunow in der Ukraine, die Firma führt Bauaufträge und Gleisarbeiten durch. Auch jüdische Menschen sind in der Niederlassung beschäftigt. Im Juli 1942 wird Gräbe Zeuge einer Mordaktion gegen die jüdische Bevölkerung in Rowno, ungefähr 5000 Menschen werden erschossen. Gräbe gelingt es den größten Teil seiner jüdischen Angestellten, ca. 100 Leute zu retten. Erst verstört ihn dieses Verbrechen, dann erstarkt sein Wille, die Mordpläne der Nazis zu durchkreuzen und jüdische Menschen vor der drohenden Vernichtung zu retten. Zusammen mit seiner jüdischen Sekretärin Maria Brobow baut Gräbe ein Rettungs-Netzwerk auf. Verfolgte JüdInnen werden mit Lebensmitteln und/oder arischen Papieren versorgt. Einige werden in Zweigstellen der Firma vermittelt, die eigens zum Zweck der Rettung eingerichtet werden. Letztlich überleben durch dieses Eingreifen einige Hundert Juden und Jüdinnen den Holocaust. Gegenüber den Alliierten macht Fritz Gräbe detaillierte Aussagen über die Pogrome in Rowno und Dubno, die als eidesstattliche Erklärungen in den Nürnberger Prozessen Verwendung finden: einiger der Täter können verurteilt werden. Dies bleibt nicht folgenlos. Zurück in Solingen werden Gräbe und seine Familie als Netzbeschmutzer und Vaterlandsverräter diffamiert, gegen den Sohn werden Morddrohungen ausgesprochen. Im August 1948 emigriert die Familie in die USA, ein Leben in Solingen scheint ihnen nicht mehr möglich.

In der Folge werden Gräbes Aussagen in den Kriegsverbrecherprozessen von ehemaligen Nazis und/oder guten Deutschen böswillig verdreht, es werden antisemitische Anschuldigungen gegen ihn in die Welt gesetzt, z.B. ob seine Emigration in die USA und das Leben dort nicht doch durch Entschädigungen finanziert sei. Ihren Niederschlag finden diese Verleumdungen nach langer Zeit des öffentlichen Desinteresses unhinterfragt in dem erwähnter Spiegel Artikel. Im Jahre 2001 veröffentlicht Der Spiegel eine Richtigstellung.