Webwecker Bielefeld: Zweifelhafte Forderungen (01.07.2009)

Zweifelhafte Forderungen (01.07.2009)



Mit dem Verkauf der LEG gingen auch Wohnungen der ›Ravensberger Heimstätten‹ an den US-Investor ›Whitehall‹. Viele Mieter sollen jetzt mehr zahlen.Von Silvia Bose

Monika Grimm will und kann nicht mehr zahlen. Schließlich hatten die ›Ravensberger Heimstätten‹ (RH) ihre Wohnung vor drei Jahren modernisiert und die Miete fast verdoppelt. Knapp 290 Euro kostete danach die Wohnung in der Gustav-Freytag-Straße in der Nähe vom Schlosshof. Und dann flatterte zum Februar noch einmal die Mieterhöhung von 21,80 Euro ins Haus.

Monika Grimm ist nicht die einzige. Rund 600 von 5.300 Mieter der RH haben seit vergangenem Sommer eine Mieterhöhung bekommen. Damals hat das Land NRW seine Landeseigene Entwicklungsgesellschaft (LEG) mit 93.000 Wohnungen an den US-Investor ›Whitehall‹ verkauft. Die RH gingen gleich mit über den Tisch, weil die LEG große Anteile hielt.

Mit dem Verkauf sollen die Mieterhöhungen aber nichts zu tun haben, heißt es bei den RH. Mehr wolle man nicht sagen und verweist an die LEG. »Solche Anpassungen nach mietrechtlichen Erhebungen gehören zum täglichen Geschäft«, sagt Carolin Gauglitz von der LEG. Die meisten Mieter hätten der Erhöhung um durchschnittlich 10,5 Prozent bereits zustimmt. Die LEG klage nur gegen 16 Mieter, die sich weigerten, der Mieterhöhung zuzustimmen. Auch der schwache Protest deute darauf, dass die Erhöhung im Rahmen sei, findet Gauglitz.

Joachim Knollmann vom Mieterbund sieht das ganz anders: »Die üben Druck auf die Mieter aus«. So habe die Wohnungsgesellschaft nicht auf die Schreiben des Mieterbundes beantwortet, sondern Monika Grimm mit einer Klage gedroht. »Nach unserer Einschätzung überschreiten die RH mit der jüngsten Er­höhung die rechtliche Kappungsgrenze und auch den Mittelwert des Mietspiegels«. Ob das gerechtfertigt ist, klärt jetzt ein Gericht. Das Urteil erwartet Knollmann mit Spannung.

Er befürchtet neben Mieterhöhung durch den neuen Besitzer ›Whitehall‹ weitere Verschlechterungen für die Mieter. »Wir wissen, dass nach dem Verkauf alle Modernisierungen gestoppt wurden«. Auch bei Instandhaltungen werde gespart. So eine Politik gehe auf Kosten der Bestände und der Wohnqualität; Quartiere drohten zu verwahrlosen.

Was nützt die Sozialcharta?

Davon will Gauglitz nichts wissen. Sie verweist auf die Sozialcharta, die vor dem Verkauf ausgehandelte wurde. Darin ist festgelegt, wie viel in Moderni­sierung und Instandhaltung fließen müssen und auch, dass die Mietverträge Bestand haben. Monika Grimm fühlt sich von dieser Sozialcharta allerdings nicht geschützt. »Was nützt mir die Zusicherung, dass ich bis an mein Lebensende hier wohnen kann, aber die ›Ravensberger Heimstätten‹ munter die Miete erhöhen?«.