Von Manfred Horn
H & M, C & A und so weiter: Kleidung ist günstig in
Deutschland. Und was günstig ist, wird gerne genommen. Statistisch gesehen
kauft jeder Deutsche jährlich 18 Kilogramm Kleidung und versenkt sie in seinem
Kleiderschrank. Die günstigen Preise macht vor allem die Produktion im Ausland
möglich, wo 90 Prozent der Kleidungsstücke, meistens zu Hungerlöhnen,
hergestellt werden.
Neu gekaufte Kleidung ist aber nicht sauber: Vor dem ersten
Anziehen sollte man sie fünf bis sechs mal waschen, damit die auswaschbaren
Pestizide und Chemikalien raus gehen. Rückstände von Chlorverbindungen,
Azofarben und Formaldehyd sind nicht auswaschbar. Das Gewicht eines T-Shirts
kann bis zu einem Drittel aus Chemierückständen bestehen. »Es ist absurd,
Chemikalien in Deutschland zu verbieten und als krebserregend einzustufen, wenn
wir sie uns mit unserer Kleidung zurück importieren«, findet die Bielefelder
Künstlerinitiative Art at Work.
Trotz Verbots ist Kinderarbeit normal
Die Textilindustrie in Westfalen ist fast verschwunden, wie
in anderen Regionen Deutschlands und Westeuropas auch. Geblieben sind lediglich
Sektoren wie Design und Marketing, Produktionen sind fast gänzlich in die
Billiglohnländer verschoben worden. Die Weltmarktfabriken sind rechtsfreie
Zonen. Die Kampagne für Saubere Kleidung (international CCC Clean Clothes
Campaign), die internationale Arbeitsorganisation (ILO) und viele weitere
Organisationen fordern Mindeststandards wie Arbeitsschutz,
Versammlungsfreiheit, Schutz vor Diskriminierung, besonders aber einen
existenzsichernden Lohn. Kinderarbeit ist zwar weltweit verboten, aber in der
Textilindustrie vieler Länder normal, die Ausbeutung als menschliche Ressource
ist Standard.
Außerdem ist die Textilindustrie eine der ökologisch schlimmsten
Branchen, mit unabsehbaren Folgen für die Umwelt vieler Länder. Ganze
Landstriche in Indien sind verseucht, durch bis zu 20mal im Jahr aufgebrachte
Pestizide sind das Grundwassersystem und die Böden zerstört, Trinkwasser muss
oft für ein Drittel des Gesamtlohnes gekauft werden. Fair gehandelte Textilien,
am besten aus kontrolliert biologischem Anbau sind eine Lösung. In Deutschland
gibt es allerdings nur wenige Anbieter. Natürlich ist die Kleidung oft teurer.
Allerdings wird dabei gerne übersehen, wie viel Geld für Markenkleidung mit
Logos ausgegeben wird.
»Viele schimpfen, weil T-Shirts aus
Biobaumwolle und auch fair gehandelte teurer sind, aber für Markenklamotten
geben sie gerne viel Geld aus«, sagt die 14-jährige Sophie, die schon an einem
Projekttag von Art at Work zum Thema teilgenommen hat. In Workshops und in Straßenaktionen
öffnet Art at Work Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Augen für die
Produktionsbedingungen eines Großteils unserer Kleidung. Die Künstler wollen
mit Straßenaktionskunst diejenigen Menschen erreichen, die sonst kaum mit
Themen wie Umweltschutz und Menschenrechten in Berührung kommen.
Im Rahmen des Projekts »Brandneu! Wenn Kleidung schmerzt«
setzen sich Schüler einen ganzen Tag lang mit den Themen Kleidung, Marken,
Globalisierung, Kinderarbeit und Petizide in Theorie und Praxis auseinander. In
einer eigens konstruierten aufblasbaren Weltmarktfabrik können sie in
Rollenspielen auch praktische Erfahrung beim Nähen an Maschinen, per Hand und
beim Zuschneiden sammeln und lernen die Prozesse einer globalisierten
Produktionskette am eigenen Leib kennen. »Jetzt weiß ich,
dass die Arbeiterinnen nur ein paar Cent für mein teures T-Shirt bekommen
haben, das finde ich unfair. Vielleicht wünsche ich mir zu Weihnachten eins aus
Fairem Handel, es müsste aber trotzdem cool aussehen«, sagt die 13-jährige
Nele, nachdem sie im Workshop von den Arbeitsbedingungen erfahren hat.
Gefördert wird das Projekt von der NRW Stiftung für Umwelt
und Entwicklung, weil es auf ideale Weise Umwelt und Entwicklung miteinander
verbinde und bereits bei Kindern ein Problembewusstsein wecke.
In 2007 gibt es neue Workshops und Events. Buchungen sind
möglich unter 0521.65 9 64 oder info@art-at-work.org
Weitere Informationen unter www.art-at-work.org