Webwecker Bielefeld: Zeitreise mit der Stadtbahn (06.12.2006)

Zeitreise mit der Stadtbahn (06.12.2006)



Der ehemalige Naturkundemuseumsleiter Martin Büchner (Bildmitte) testet, ob das Vitrinen-Glas auch hält


Von Manfred Horn

Pünktlich zur Vorweihnachtszeit und gerade noch so im Jubiläumsjahr, das Naturkundemuseum wird 100 Jahre, ist die Naturhistorische Zeitreise mit der Stadtbahn fertig geworden. Von der Universität bis zum Adenauerplatz, also praktisch auf der Linie 4, sind nun Plakatvitrinen zu einem Natur- und Umweltthema zu sehen, in den unterirdischen Stationen Vitrinen mit naturhistorisch interessanten Exponaten. 130.000 Euro kostete die Umsetzung der Zeitreise, mit der das Naturkundemuseum ›namu‹ nach draußen geht. Geld, dass der Förderverein durch Spenden von Unternehmen zusammenbekam.

Bielefeld ist aus geologischer Sicht ein interessanter Ort, viele Schichten laufen unter der Stadt. Entsprechend wurden hier auch immer wieder interessante Objekte ausgebuddelt. So liegen jetzt die Reste eines Meeressauriers in der U-Bahn-Station Hauptbahnhof, gut geschützt durch dickes Glas. Die Vitrine ist in den Boden eingelassen, der Betrachter kann sich die Skelettreste und einen kurzen Film dazu ansehen. Der Monitor ist ebenfalls in der Vitrine untergebracht. Geplant war die Eröffnung der Naturhistorischen Zeitreise für September (WebWecker berichtete), aber die Umsetzung gestaltete sich schwieriger als zunächst gedacht. Die größte Sorge, dass die Vitrinen von innen beschlagen könnten, haben sich bisher aber nicht bestätigt. Ein Vorteil ist, dass die Vitrinen auf den Bahnsteigen im Untergrund eingelassen sind, dort herrschen wesentlich konstantere Temperaturen als an der Erdoberfläche. Zudem sorgen jeweils Lüfter in den Vitrinen dafür, dass die Luft zirkuliert und die Monitore gekühlt werden.

 

In Berlin verkauft

Vom Meeressaurier am Hauptbahnhof sind nur noch drei größere Fragmente übrig. Der Saurier hatte ursprünglich eine Länge von acht Metern, der Großteil des 200 Millionen Jahre alten Skeletts ist in den Kriegswirren in Berlin verschwunden. Der Saurier wurde in einer Tongrube in Sudbrack gefunden, wie Martin Büchner, ehemaliger Leiter des Naturkundemuseums, erläutert. »Schon damals hatten die Museumspfleger wenig Geld«, fügt Büchner an und erklärt so, warum ein großer Teil des Skeletts verschwunden ist: Ein Mitarbeiter des Naturkundemuseums verscherbelte es nach Berlin. So kann man die Kraft und Größe des Fischsauriers, der bis zu 20 Minuten zwischen zwei Atemzügen unter Wasser bleiben konnte, nur erahnen – oder sich in dem eineinhalb-minütigen Film im Monitor animiert zeigen lassen.


Wollnashorn statt Wisent

In der U-Bahn-Station am Jahnplatz hat sich nun ein Wollnashorn ausgebreitet. Wollnashorn, das klingt irgendwie niedlich. Doch ihre Schulterhöhe betrug bis zu zwei Metern. Vor 10.000 Jahren starben diese Nashörner aus, vermutlich aufgrund der Erderwärmung. Weltweit sind nur zwölf Skelette erhalten, eines davon liegt nun auf dem Bahnsteig der Station Jahnplatz. Hätte Martin Büchner 1978, als er es von einem Archälogen für die Museumssammlung geschenkt bekam, nicht gestutzt, würde es vermutlich noch heute in einer hinteren Ecke des Museumskellern herumliegen. Denn der Archäloge ging davon aus, dass es sich um ein eiszeitliches Wisent handele. Davon allerdings gibt es ziemlich viele Exemplare. Doch Büchner, obwohl eigentlich aus der Welt der Steine kommend, stutzte, als er den Oberschenkelknochen sah. Und siehe da, es handelte sich tatsächlich um ein Wollnashorn. Sein Alter wird auf 20.000 Jahre geschätzt, gefunden wurde es bei Petershagen. Büchner versichert aber: Auch durch Bielefeld sind vor 20.000 Jahren Wollnashörner gelaufen.

moBiel und das Naturkundemuseum ›namu‹ haben nun ein Zeitreise-Ticket entwickelt. Es kostet 4,50 Euro, gilt als Tagesticket in allen Bussen und Stadtbahnen und zum Besuch des namu. Mit dem Ticket lassen sich die Haltestellen zwischen Adenauerplatz und Universität abfahren. Erhältlich ist es im namu und an der mobiel-Ticketverkaufsstelle im Jahnplatztunnel. Verzichten müssen die Zeitreisenden allerdings noch auf den Original-Bohrkern an der Haltestelle Siegfriedplatz. Der Bohrkern muss schwingungsfrei aufgehängt werden, die Sache ist kompliziert und zudem teuer. So sucht der Förderverein noch Spender. Godehard Franzen, Vorsitzender des namu-Fördervereins, geht aber davon aus, dass bis Ostern der urzeitliche Bohrkern steht beziehungsweise hängt.

 

Weitere Informationen über das namu und den Förderverein: www.namu-ev.de