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Die Saurier kommen (29.03.2006)





Mehr als Schwein gehabt (v.l.n.r.): Godehard Franzen, Isolde Wrazidlo und Wolfgang BrinkmannDank der guten Zusammenarbeit kommt das namu in die Stadt.


Von Manfred Horn

Das Naturkundemuseum (namu) wird in diesem Jahr 100 Jahre. Ein Grund, den Bielefeldern etwas zu schenken: An der Linie 4 zwischen Adenauerplatz und Universität entsteht eine Art Haltestellenmuseum. Im September sollen die naturhistorische Zeitreise eröffnet werden.

»Wir haben hier 400.000 Objekte. Nicht einmal ein Prozent davon können wir ausstellen«, sagt Isolde Wrazidlo, Leiterin des namu. Es sind vor allem geologische Fundstücke, die im namu lagern. Denn Bielefeld ist aus geologischer Sicht ein aufschlussreicher Ort – viele Schichten durchlaufen die Stadt. Und bei vielen größeren Neubauten wird in der Erde gebohrt. So kommen immer wieder spannende Objekte zum Vorschein. Martin Büchner, der lange Zeit das namu leitete, hatte schon lange die Idee, die Objekte an die Orte zurückzubringen, an denen sie gefunden wurden. Natürlich sichtbar – es geht für ein Museum selbstredend nicht darum, die Objekte wieder zu verbuddeln. »Wir haben Büchners Idee jetzt aufgegriffen«, sagt Godehard Franze, Vorsitzender des Fördervereins des namu.

Ab September soll es dann an den zehn Haltestellen der Linie 4 zwischen Adenauerplatz, und Universität Funde zu besichtigen geben. Die Linie 4 bot sich an, da die Strecke bis zur Oetker-Halle unterirdisch läuft. In der zweiten Hälfte der 1990er wurde zwischen Jahnplatz und Oetker-Halle tief in der Erde ein Tunnel geschaffen. Dabei wurde auch gebohrt – und es wurden jede Menge uralte Tierskelette entdeckt. »Außerdem stellt die Strecke eine Verbindung des Wissens dar – zwischen namu und Universität«, stellt Warzidlo heraus. Die Linie 4 ist auch attraktiv, weil hier im Schnitt täglich 25.000 Fahrgäste verkehren.

Das namu erweitert also seine Ausstellungsfläche und geht in die Stadt hinein. In den unterirdischen Stationen werden jeweils Vitrinen in den Fußboden eingelassen. Das ist aufwendig – die Betondecken der Bahnsteige müssen aufgefräst werden, zudem sollen die Vitrinen so konstruiert sein, dass die Objekte auch ausgetauscht werden können. In der Station Jahnplatz wird das Skelett eines Wollnashorns zu sehen sein. Geschützt durch Panzerglas, umfasst die Vitrine von 1,65 mal 3,10 Meter wahrscheinlich neben dem Skelett auch noch ein Bildschirm, auf dem die Geschichte des Tieres erzählt wird.


Riesenlurch vor der Oetkerhalle

An der Oetker-Halle wird dann ein circa 240 Millionen Jahre alter Riesenlurch in eine Vitrine eingelassen, am Hauptbahnhof wird ein 190 Millionen Jahre alter Meeressaurier zu bewundern sein. Die Tiere sind nicht exakt an diesen Stellen in Bielefeld gefunden worden, doch sie repräsentieren die Erdschicht, in der sich die U-Bahn-Station gerade befindet. Diebe sollten ihre Hoffnung begraben: In die Vitrinen kommen nur Abgüsse.

An der U-Bahnstation Siegfriedplatz wird gleich ein ganzer mehrere Meter langer Bohrkern ausgestellt – der allerdings im Original. Er ist das Ergebnis einer Bohrung, um den Untergrund der Linie 4 zu prüfen. Die ältesten Schichten des Kerns sind 230 Millionen Jahre alt.

Ergänzt werden sollen die Vitrinen durch Plakate. Die greifen die jeweilige Umgebung aus naturhistorischer Sicht auf. So könnte an der Station Graf-von-Stauffenberg-Straße, wo öfters mal Fußballfans in die Linie 4 steigen, ein Plakat hängen mit dem Titel: »Die Erde ist rund. Und das Spiel dauert schon viereinhalb Milliarden Jahre«, am Landgericht ist ein Plakat mit dem Text »Das jüngste Gericht« geplant. Die Museumsschaufenster, gestaltet von der Agentur ›museumsreif‹, werden an die Glasplatten geschraubt, die die Bahnsteige in der Mitte trennen. Also praktisch neben die Fahrpläne.





Ein Bohrkern ist für die Haltestelle Siegfriedplatz geplant