Vom Arbeiterbild bis zum Bildersturm (06.12.2006)
Die Kunsthalle
Bielefeld hat ihr Ausstellungsprogramm für das kommende Jahr bekanntgegeben.
Die erste große Ausstellung startet am 4. Februar und zeigt Werke von Conrad
Felixmüller und Peter August Böckstiegel. Die beiden Künstler waren seit ihren
Studienjahren befreundet. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg begann für
beide eine intensive Schaffenszeit, die die Beschäftigung mit dem »einfachen
Menschen« und seiner Arbeitswelt zum Thema hatte.
Böckstiegel,
der mit seiner Familie im Winter in Dresden lebte, um die Sommermonate
regelmäßig im westfälischen Elternhaus in Werther/Arrode bei Bielefeld zu verbringen,
widmete sich der bäuerlichen Lebens- und Arbeitswelt. Felixmüller, der sich
politisch in der KPD zu engagieren begann, wurde durch Reisen in das Ruhrgebiet
zu einem Chronisten des Arbeiterlebens. Die Ausstellung behandelt die Schaffenszeit
beider deutscher Expressionisten mit über einhundert ausgewählten Gemälden,
Aquarellen, Zeichnungen und druckgraphischen Blättern. Die Kunsthalle übernimmt
die Ausstellung aus dem Dresdner Stadtmuseum. Die Bielefelder Auswahl zeigt aber
auch zahlreiche weitere Werke.
Am 3.
Juni beginnt dann eine Ausstellung mit Kunstwerken von George Maciunas. George
Maciunas, der sich selbst zum Fluxus-Vorsitzenden ernannte, etablierte unter
diesem Namen radikale Aufführungsformen. Offenkundig wünschte sich Maciunas
eine gerechtere und ästhetisch wertvollere Kultur und kämpfte deshalb gegen
ihre bürgerlichen und barocken Erscheinungen. »Der Traum von Fluxus« stellt
George Maciunas Arbeit und persönliche Geschichte mit rund zwanzig internationalen Avantgarde-Künstlern
anhand von mehreren Hundert Werken als ein reales Märchen vor.
Am
30. September 2007 startet die Ausstellung »1937. Perfektion und Zerstörung«. 1937
wurde in München die Wanderausstellung »Entartete Kunst« mit über einhundert
aus öffentlichen Sammlungen verbannten Künstlern eröffnet. Damit stand das
Nazi-Regime nicht alleine: Franco rüstete sich ebenfalls gegen die Moderne,
Stalin ließ Avantgardekunst aus den Museen entfernen.
In
der Kunstgeschichte steht das Jahr 1937 für den Beginn eines Alptraums der
Plünderung und Zerstörung. Die Kunst wird aufgrund der erzwungenen Migration
nahezu schlagartig international. Viele Künstler überdenken vor dem heraufziehenden
Weltkrieg die Wirkung ihrer Formen. Für den Herbst 2007 erarbeitet die Kunsthalle
Bielefeld eine Synopse dieser gänzlich zerrissenen Zeit. Hinter dem Titel
»Perfektion und Zerstörung« verbergen sich die friedvollen Positionen von
Schweizer Konstruktivisten und der Gruppe
»Cercle et Carré«. Gegen die Zerstörung schufen bekannte Künstlerpersönlichkeiten
wie Max Beckmann, Marc Chagall, Salvador Dalí, Max Ernst, Pablo Picasso, René
Magritte oder Joan Miró ihre eindrucksvollen Kunstdenkmäler. Mehr als
einhundert namhafte Künstler haben durch die Gefahren, die von den faschistisch
geprägten Ländern Europas ausgingen, die Kunst der 1930er Jahre auf eine kaum
gesehene Weise geprägt.