Von
Manfred Horn
Auch in der Neuauflage dieses Jahres enthält das Konzept der Klinik für
Psychiatrie und Psychotherapie in Bethel im Evangelischen Krankenhaus Bielefeld
eine zweifelhafte Passage zur genetischen Forschung und ihrer Bedeutung für die
Behandlung psychisch Kranker.
Das Konzept (hier herunterladbar: http://www.evkb.de/img/ejbfile/Konzept-Psychiatrie-EvKB-06-03-22.pdf?id=1610)
stellt auf den Seiten 18 und 19 dar, wie die Klinikleitung die Bedeutung der
Vererbung für die Entstehung von psychischen Krankheiten sieht. »Die genetische
Forschung zeigt uns die sehr unterschiedlich ausgeprägte Bedeutung von
Erbfaktoren für die Bereitschaft, an einer psychischen Störung zu erkranken«, heißt es auf Seite 18.
Das genetische Risiko von Kindern Erkrankter sei »bei einigen Störungen deutlich erhöht«. Dies sei zu berücksichtigen, »wenn Erkranke bei
bestehendem Kinderwunsch oder die Kinder selbst einen Beratungsbedarf
formulieren«. Dies gelte besondern , wenn psychosozialer Stress
auftritt, beispielsweise Arbeitslosigkeit.
Die Vererbung psychischer Krankheiten
wird damit bejaht. In dem Abschnitt des Konzepts finden sich auch Aussagen,
dass es eine genetische Forschung gebe, die Erbfaktoren ausgemacht habe, die
von Bedeutung seien für die Bereitschaft, psychisch zu erkranken. Keine Aussage
macht das Konzept darüber, bei welchen
psychischen Störungen dergestalt beraten wird, dass ein Kind nicht empfangen
beziehungsweise gezeugt werden sollte.
Auf das Konzept stieß ein Betroffener, der in der Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie Bethel behandelt wurde. Er äußerte Bedenken und fordert,
dass das Konzept überarbeitet wird. Die Forschungsergebnisse seien nicht
gefestigt.
Auch bezieht sich der Patient, der namentlich nicht genannt werden will,
auf eine Fußnote im Konzept. Dort heißt es: »Die historischen Erfahrungen
aus nationalsozialistischer Zeit haben gezeigt, dass eine Wissenschaft, die den
Patienten lediglich als Objekt der Forschung betrachtet, in der Gefahr ist,
sich letztlich gegen den Menschen zu wenden«. Der Einwand des
Patienten: Die Wissenschaft stand nicht nur in der Gefahr, sich letztlich gegen
den Menschen zu wenden, vielmehr tat sie es. In der Fußnote heißt es weiter: »Durch die
Reformbewegung in der Psychiatrie ist es zu einer kritischen Aufarbeitung
dieser Vergangenheit sowie zu einer Humanisierung der Versorgung und Behandlung
psychisch Kranker gekommen, die das Fundament unserer heutigen klinischen
Arbeit darstellt«. »So ein Absetzversuch der heutigen Psychiatrie von diesem
Teil der Geschichte eignet sich nicht für eine Fußnote«, entgegnet der
Patient. Die Fragestellung sei zu brisant, um in eine Fußnote gebannt zu
werden. »Wer die Klinik für Psychiatrie in
Bethel aufsucht, befindet sich in einer schweren seelischen Krise und ist in
der Regel nur allzu bereit, die Beratungsangebote von Therapeuten unhinterfragt
entgegen zu nehmen«. Deswegen solle die Klinikleitung ihr Konzept überarbeiten.
Der Patient ist über ein Pseudonym
per Mail zu erreichen: Robert.Borne@web.de