Von Manfred Horn
Eine
Abschiebung in eine »bedeutungslose Randnische« sieht Jörg Scholz, Leiter der
Radiowerkstatt der Bürgerwache, in dem Plan der Landesregierung, den Bürgerfunk
zeitlich in die Abendstunden zu verschieben. Die Landesregierung wolle, dass
der Bürgerfunk nur noch eine Stunde pro Tag sendet, und zwar ab 20 Uhr,
abweichend sogar erst ab 22 Uhr. Mit genauen Informationen hält die
Landesregierung sich bisher aber zurück.
Zur
Zeit sendet der Bürgerfunk landesweit höchst unterschiedlich. Die örtlichen
Bürgerfunkgruppen einigen sich mit dem jeweiligen Lokalfunk in sogenannten Konsensgesprächen.
Nach einer Studie des Institus für Informationswissenschaft vom Februar 2006
liegt die tägliche Bürgerfunk-Sendezeit in NRW zwischen zwei Stunden in Aachen
und zehn Minuten im Kreis Erfurt. In Bielefeld ist der Bürgerfunk auf den
Frequenzen von Radio Bielefeld zu hören, an den meisten Wochentagen ab 20.04
Uhr, am Wochenende ab 18.04 Uhr. Die tägliche Sendezeit pendelt zwischen null
Stunden am Donnerstag bis zu drei Stunden freitags und sonntags.
Bürgerfunk
ist seit mehr als 15 Jahren Bestandteil der nordrhein-westfälischen
Medienlandschaft. Im Laufe der Jahre wurden die Bedingungen für den Bürgerfunk
jedoch zunehmend verschlechtert. So sendete der Bürgerfunk in den 1990ern in
Bielefeld noch täglich um 18.04 Uhr und hatte einen Sendeanteil bei Radio
Bielefeld von 15 Prozent. Danach wurden die Anfangszeiten umgestellt, so dass
nun der Bürgerfunk an den meisten Tagen erst um 20.04 Uhr beginnt.
Spätere
Sendezeiten aber bedeuten weniger Zuhörer. Radio ist ein Nebenbei-Medium. Die
meisten Mediennutzer machen es sich abends auf der Couch gemütlich und schauen
TV. In den Abendstunden sinkt die Nutzung des Radios rapide. Sollte die Novelle
des Landesmediengesetzes wie geplant kommen, ist dies schlecht für die rund
2.000 Bürgerfunkgruppen landesweit. »Aktive Bürgerfunker werden demotiviert,
für Neueinsteiger wird das Medium gänzlich uninteressant«, protestiert der
Landesverband Bürgerfunk (LBF).
»Notfalls juristisch einfordern«
Der
Landesverband fordert ein »Recht auf Meinungsvielfalt und Teilhabe an diesem
öffentlichen Medium, das mehr als
Wirtschaftsgut ist«. Dieses Recht werde man notfalls juristisch
einfordern. Der Bürgerfunk stehe für bürgerschaftliche Beteiligung, die mit der
Novellierung des Gesetzes mit Füßen getreten werde. Demgegenüber bemängelt die
Studie des Instiuts für Informationswissenschaft, dass der Bürgerfunk wenig
experimentierfreudig sei und die Formatangleichung zum kommerziellen Lokalfunk
suche. Viele Radiogruppen spielten Musik, nur wenige machen sich die Mühe,
aufwendige Features zu produzieren. Eine Argumentation, die auch gedreht werden kann: Drängen doch
gerade die privaten Lokalradios auf Bürgerfunk in ihrem Programm, der
glatt durchläuft. Dennoch sei das Programmangebot des
Bürgerfunks vielfältig und als Ganzes betrachtet besser als sein Image, heißt es
in der Studie weiter.
Die
Bürgerfunkgruppen fürchten nun, dass die Landesregierung eine entsprechende
Änderung des Landesmediengesetzes bereits am 30. November durch den
Hauptausschuss bringen will. Die Landesregierung argumentiert mit Wirtschaftlichkeit,
will heißen, die Lokalradios sollen möglichst viel verdienen können, die
Bürgerfunkler sollen nur noch dann senden, wenn eh kaum noch jemand Radio hört
und entsprechend auch keine Werbeplätze mehr zu verkaufen sind. Sollte die
Verbannung des Bürgerfunks in die Abendstunden durchkommen, stünde als nächstes
wohl eine Umverteilung des Geldes an. Das Volumen könnte umverteilt werden,
zuungunsten der meisten Radiowerkstätten.
Eine
Unterschriftenliste zur Unterstützung des Bürgerfunks ist zu finden auf der
Seite: www.lbf-nrw.de/unterschriftenliste/index.php
Mehr
Infos unter: www.lbf-nrw.de/index.php