Webwecker Bielefeld: Shoppen bis der Arzt kommt (22.11.2006)

Shoppen bis der Arzt kommt (22.11.2006)



Die erste Bielefelder Nachtauktion findet am Freitag, 1. Dezember, statt. Christian Presch, stadtbekannter Alternativ-Auktionator, versteigert dann am Rande der Stadt asiatische Artikel. Die Auktion beginnt um 20 Uhr, also nicht wirklich in der Nacht. Parallel findet ein Sonderpostenverkauf statt. Verkauft werden darf – dank der neuen Ladenöffnungszeiten.

Denn die Landesregierung hat die Ladenöffnungszeiten abgeschafft, zumindest wochentags. Dies gilt seit Montag. »6 mal 24« heißt die neue Formel, will heißen: wer will, kann von montags bis samstags sein Geschäft rund um die Uhr öffnen, oder eben auch von 21 bis 3 Uhr, wenn ihm der Sinn danach ist. Geschlossen bleiben die Läden an Sonntagen, allerdings mit zahlreichen Ausnahmen. Vier verkaufsoffene Sonn- und Feiertage pro Jahr sind zulässig. Dies war bisher auch schon so. Neu ist, dass die verkaufsoffenen Sonntage nicht mehr durch ein Volksfest oder ähnliches begründet werden müssen.

Die Befürworter sprechen von einem Ende des »Einkaufsstress«. Nach und nach ist der Ladenschluss in den vergangenen Jahren aufgeweicht worden. Hauptargument war immer die gesteigerte Kundenfreundlichkeit und mehr Umsatz. Doch gerade das zweite Argument, mehr Öffnung gleich mehr Wachstum, stand nun eher im Hintergrund. Denn selbst den Einzelhandelsverbänden ist klar: Die gleiche Menge Geld kann nur einmal ausgegeben werden.

 

In der schönen neuen Welt

Ein Kommentar von Manfred Horn

Nun, nach jahrelangem zähen Kampf, haben sich die Lobbyisten und Wirtschaftsliberalen durchgesetzt. Die Ladenöffnungszeiten sind gefallen. Nur der Sonntag ist grundsätzlich noch shoppingfrei. Wir erinnern uns: Vor noch nicht allzu langer Zeit war gesetzlich um 18.30 Uhr Feierabend, dann kam der verkaufsverlängerte Donnerstag bis 20.30 Uhr, schließlich die Regelung einer Öffnung Montag bis Sonntag von 6 bis 20 Uhr. Doch das Jammern hielt an: Da wurde Einkaufsstress ausgemacht. Den Bürgern sollte gar in großen Worten ihre Freiheit zurückgegeben werden.

Vor allem Gewerkschaften protestierten, als es dem Sonntag an den Kragen gehen sollte, machten auch die Kirchen mit. Genützt hat es nicht viel. Nun ist sie also da, die schöne neue Einkaufswelt.

Doch die Wirklichkeit wird viele bitter enttäuschen. Wunderlich, dass viele Einzelhandelsverbände für das Fallen der Öffnungszeiten plädierten. Denn profitieren werden nur einige große Geschäfte in größeren Städten. Die Kaufkraft wird sich weiter auf Discounter in den Innenstädten und auf der grünen Wiese konzentrieren, die kleinen Geschäfte werden noch weiter abgehängt. Denn die können sich Öffnungszeiten bis Mitternacht oft überhaupt nicht leisten. Selbst in kleineren Städten wie Lemgo wird wohl alles beim Alten bleiben: Um 18.30 Uhr werden dort die Einkaufsbürgersteige hochgeklappt. Diejenigen, die abends shoppen wollen, müssen dann schon nach Bielefeld fahren. Dort wird es künftig an dem einen oder anderen Abend »Event-Shopping« geben, als wenn die Welt sonst nichts zu bieten hätte. Unterm Strich wird sich Kaufkraft verlagern, was ein beschleunigtes Sterben kleinerer Geschäfte vor allem in der Fläche bedeutet.

Für die Beschäftigten in der schönen, bunten Einkaufswelt bedeutet die Neuregelung mehr Stress: Sie müssen künftig noch flexibler sein um die Warenströme auch mit den Kunden in Verbindung zu bringen. Den Einzelhändlern, die jahrelang lauthals nach dem Wegfall der Öffnungszeiten schrieen – soviel Häme muss sein – sei nun viel Spaß gewünscht, wenn sie abends stundenlang in einem Laden ohne Kunden herumschmorren, während andere draußen ihre Bratwurst grillen. Da kann man nur sagen: Selber schuld.

 

Mehr Informationen zur Auktion am 1. Dezember: www.presch-auktionen.de