Am vergangenen Donnerstag gab es die zweite Hausdurchsuchung bei einem
Aktivisten gegen Studiengebühren an der Universität Bielefeld. Das Opfer war in
diesem Fall ein Mitglied des Studierendenparlaments und der Zentralen
Lehrkommission der Universität. Pikanterie am Rande: Am Tag vor der
Hausdurchsuchung hatten die Professoren im Senat der Hochschule es abgelehnt,
eigene Vertreter in die Kommission zu wählen, weil das Studierendenparlament
den Beschuldigten erneut für das Gremium nominiert hatte.
Von Mario A.
Sarcletti
Am 9. November um 6 Uhr 30 erhielt der studentische Aktivist Thorsten
F. (Name geändert) erneut Besuch vom Staatsschutz. Grund sind die
Brandanschläge in der Universität und auf den PKW von Unirektor und
Gebührenbefürworter Dieter Timmermann. Bereits im August waren Polizeibeamte
bei dem Studenten vorstellig geworden und holten ihn zur erkennungsdienstlichen
Behandlung ab (WebWecker berichtete). Am vergangenen Donnerstag nahmen die
Beamten ihm den Rechner ab, auch bei seinen Eltern in Duisburg beschlagnahmten
Polizeibeamte einen Computer. Die lokalen Medien stellten F. in der Folge als
Tatverdächtigen dar.
Vom Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität gab es daraufhin
Kritik am Vorgehen der Staatsschützer. »Nur weil Polizei und Staatsschutz im
Dunkeln tappen, belangen sie einen derjenigen, der offen seine, von der Linie
des Rektorats abweichende, Meinung vertritt«, heißt es in einer
Pressemitteilung der Studierendenvertretung. Tatsächlich hat F. aus seiner
Abneigung gegen Studiengebühren nie ein Hehl gemacht. Nach Angaben der
Hochschulgruppe UNIted, für die F. im Studierendenparlament sitzt, wirft ihm
der Staatsschutz vor, »einer der führenden Köpfe der Studiengebührenproteste«
zu sein. Man kennt F. also, eine Straftat im Zusammenhang mit der Einführung
der Gebühren wäre von daher zumindest extrem dämlich gewesen.
»Es drängt sich der Eindruck auf, dass die unter massivem Erfolgsdruck
stehenden Ermittlungsbehörden händeringend nach einem Sündenbock suchen«,
findet UNIted. Für den AStA »liegt die Vermutung nahe, dass durch die gewählte
Vorgehensweise legitimer Protest pauschal kriminalisiert und
StudiengebührengegnerInnen eingeschüchtert werden sollen«. Die
Studierendenvertretung fordert in der Stellungnahme den Staatsschutz auf,
»gewählte VertreterInnen der verfassten Studierendenschaft, den AStA und ihre
Räumlichkeiten nicht länger zu überwachen und auszuspionieren«.
Sauer stößt dem AStA auch auf, dass der Hausdurchsuchung ein Eklat im
Senat der Universität vorausgegangen war. Der tagte am Mittwoch und die
professoralen Senatoren weigerten sich, ihre Vertreter sowie die »freien
Studierendenvertreter« für die zentrale Lehrkommission zu wählen. Neben dem
»Statusgruppenvertreter«, also Thorsten F., muss der Senat zwei weitere Vertreter
der Studierenden für das Gremium bestimmen. Grund für die Verweigerungshaltung
ist, dass das Studierendenparlament eben F. in die Kommission entsandt hat, die
unter anderem die Beitrags- also Gebührensatzung erarbeitet hat und über die
Verteilung der Einnahmen aus dem Uni-Eintrittsgeld entscheidet. Dabei hatte der
Prorektor für Lehre, Gerhard Sagerer, das Klima in den Sitzungen zur Erstellung
der Beitragssatzung immer wieder äußerst positiv dargestellt.
Nur noch genehme Studierndenvertreter?
»Dieses bisher beispiellose Vorgehen stellt zum wiederholten Male die
undemokratische Vorgehensweise der professoralen Mehrheit im Senat offen zur
Schau. Anscheinend hat sich bei den professoralenVertreterInnen im Senat der
Eindruck breit gemacht, sie seien berechtigt sich genehme StudierendenvertreterInnen
auszusuchen«, erklärt der AStA. Neben
der Tatsache, dass die Hausdurchsuchung einen Tag nach der Senatssitzung
stattfand, ist noch eine weitere zeitliche Koinzidenz auffällig. Ebenfalls am
vergangenen Donnerstag gab der Staatsschutz dem Studenten, bei dem im August
die erste Hausdurchsuchung stattfand, seinen Rechner zurück.