Der Arbeitskreis niedergelassener Psychologischer
PsychotherapeutInnen e.V. (app:) mit über 160 Mitgliedern verzeichnet im
Einzugsbereich Bielefeld, Gütersloh, Herford seit Jahren Wartezeiten auf einen
Therapieplatz von bis zu sechs Monaten. Zur Orientierung durch das Angebot hat
er jetzt die dritte Auflage der Grünen Seiten herausgebracht
Psychisches Leiden kann viele Ursachen haben: organische
Erkrankungen, der Tod eines nahestehenden Menschen, Beziehungsprobleme,
Suchterkrankungen oder pschosomatische Störungen. Nach Befunden des
»Bundes-Gesundheitssurveys 1998/99« litten seinerzeit 32 Prozent, also rund
15,6 Millionen Menschen, der erwachsenen deutschen Bevölkerung im Alter von 18
bis 65 Jahren unter einer oder mehreren psychischen Störungen. Nach einer
Erhebung zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung von Erwachsenen im
Jahr 2003 befinden sich nur 56 Prozent der »behandlungsbedürftigen und
behandlungswilligen« Männer und Frauen in einer ambulanten Therapie. 35 Prozent
der Klientinnen und Klienten mit diagnostizierter Störung, die bereits so
genannte probatorische Sitzungen bei einer niedergelassenen Fachkraft
absolviert haben, können danach nicht direkt in eine reguläre ambulante
Therapiebehandlung übernommen werden. Die Wartezeiten betragen demnach
bundesweit durchschnittlich 4,6 Monate. In
beiden Studien ist von »einer gravierenden Unterversorgung von Personen mit
psychischen Erkrankungen« die Rede.
Die Crux: Das 1999 verabschiedete Psychotherapeutengesetz
hat bundesweit zwar auf der einen Seite den Zugang zu psychotherapeutischer
Behandlung erleichtert, hat aber auf der anderen Seite zu einer
Niederlassungsbegrenzung geführt. Dadurch sind die niedergelassenen
Psychotherapeuten extrem ausgelastet, Therapieplätze sind Mangelware. Im Raum
Bielefeld, den Kreisen Gütersloh und Herford beispielsweise leben rund 500.000
Menschen. Ihnen stehen circa 250 psychologische und ärztliche Psychotherapeuten
gegenüber.
Monatelange Wartezeiten
Der Arbeitskreis niedergelassener Psychologischer
PsychotherapeutInnen e.V. (app:) mit über 160 Mitgliedern verzeichnet im
Einzugsbereich Bielefeld, Gütersloh, Herford seit Jahren Wartezeiten auf einen
Therapieplatz von bis zu sechs Monaten. Gegründet 1997, hat sich der Verein
Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung und berufspolitische Arbeit auf
kommunaler, regionaler und Bundesebene zum Ziel gesetzt. »Wir wollen die
Versorgungssituation für Hilfesuchende verbessern und die Niederlassungssperre
kippen«, sagt Andreas Wilser vom app:-Vorstand, psychologischer Psychotherapeut
mit Praxis in Bielefeld und Vertreter der Psychotherapeutenkammern auf Landes-
und Bundesebene, »um den Bedarf zu decken, wären etwa doppelt soviele Kolleginnen
und Kollegen notwendig«.
app:-Vorstandskollegin Evelyn Beetz-Treumann, niedergelassen
in Halle, ergänzt: »Die Zahl psychisch Kranker hat in den letzten Jahren stark
zugenommen: Zum einen hat sich die Diagnostik verbessert und die Menschen sind
eher bereit, sich behandeln zu lassen, zum anderen ist der Druck im beruflichen
und privaten Alltag extrem gewachsen. Das spüren wir in den Praxen deutlich«.
Durch lange Wartezeiten würden nicht nur Angehörige, Freunde und der
Kollegenkreis belastet, sie könnten auch zur Chronifizierung einer Störung bis
hin zur Einweisung in ein Krankenhaus oder eine Psychiatrische Klinik führen.
Seit seiner Gründung gibt der Verein app: gemeinsam mit
unterschiedlich psychotherapeutisch arbeitenden Berufsgruppen die so genannten
Grünen Seiten heraus, die Rat und Hilfestellung zu Psychotherapiemöglichkeiten
und ein Leistungsverzeichnis der hiesigen Pschotherapeuten enthalten. Von den
ersten beiden Auflagen wurden mittlerweile 14.000 Exemplare verkauft und
verteilt.
Jetzt ist die dritte aktualisierte Auflage mit 6.000
Exemplaren erschienen: 165 Seiten stark, werden in der ersten Hälfte die
Rahmenbedingungen für Therapie und die verschiedenen Therapieverfahren
dargestellt. »Der Bedarf an Informationen ist sehr groß«, erläutert app:-Vorstandsmitglied
Elke Nölle, niedergelassen in Bielefeld, Mitglied der Kommunalen
Gesundheitskonferenz und des örtlichen Beirats der Kassenärztlichen
Vereinigung, «in den Grünen Seiten erklären wir, worauf man achten muss, wenn
man einen Therapieplatz sucht. In seiner kompakten und verständlichen Form ist
das Buch unseres Wissens nach bundesweit einmalig«.
Im zweiten Teil enthalten die grünen Seiten mit rund 180
Einträgen etwa 80 Prozent der in Bielefeld, Gütersloh und Herford
niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten sowie der Ärztlichen Psychotherapeuten mit einer
Kurzbeschreibung ihres Leistungsangebots. »Wir haben rund zwei Jahre
Vorbereitungszeit gebraucht«, sagt der in Bielefeld praktizierende Udo Engler
von der Arbeitsgemeinschaft Grüne Seiten, »nicht zuletzt, weil wir gemäß
Berufsverordnung keine Werbung machen dürfen entsprechend haben wir alle
Texte von einem Justiziar prüfen lassen«. Neben den Grünen Seiten bietet der
app: ein Info-Büro als Anlaufstelle für Rat- und Hilfesuchende. Hier
beantworten ehrenamtliche Fachkräfte konkrete Fragestellungen.
Die aktuelle Ausgabe der grünen Seiten ist für sieben Euro
Schutzgebühr im regionalen Buchhandel erhältlich (ISBN 3-9807832-1-9).
Anmeldung für Beratungsgespräche im Infobüro dienstags und donnerstags von 16
bis 17.30 Uhr unter der Telefonnummer 0521-164430. Weitere Informationen unter
www.app-bielefeld.de