Webwecker Bielefeld: Keine Straftaten mehr dank Arbeit (11.10.2006)

Keine Straftaten mehr dank Arbeit (11.10.2006)



Antje Weber, Ev. Gemeindedienst, und Markus Reinermann, Chance e.V., vor der JVA Brackwede I in Bielefeld. Foto: Werner Krüper


Wollen Sie einen frisch aus dem Gefängnis Entlassenen einstellen? Die meisten Arbeitgeber werden diese Frage negativ beantworten. Dabei belegen Untersuchungen, dass die Rückfallquote bis zu zwei Drittel sinkt, wenn Haftentlassene nach der Haft eine Arbeit finden.

»Arbeitgeber sind oft überrascht über das sehr hohe Niveau der Ausbildung in den Vollzugsanstalten«, erzählt Antje Weber, von der MABiS.Net Nachsorgestelle für berufliche Integration Haftentlassener in Ostwestfalen-Lippe des Evangelischen Johanneswerk. »Vom Gärtner über Koch, Tischler, Schweißer und Elektromechaniker reicht das vielfältige Angebot für männliche Inhaftierte«, sagt Weber. Junge Straftäter absolvieren oft erst in der Haft eine Ausbildung. »Damit haben sie erstmals eine vernünftige Zukunftsperspektive, wenn es ihnen mit unserer Hilfe gelingt, Arbeit zu finden«, betont die Sozialpädagogin. Die Einrichtung für OWL ist eine Kooperation des Evangelischen Gemeindedienstes im Johanneswerk mit ›Chance e.V. Münster‹.

MABiS.NeT steht für »Marktorientierte Ausbildungs- und Beschäftigungsintegration für Strafentlassene« und wurde bis 2004 über den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Der Erfolg überzeugte das Justizministerium NRW, in das Projekt einzusteigen und es zu finanzieren. »Mit der Förderung des Justizministeriums kann das Projekt nun wieder in ganz Nordrhein-Westfalen angeboten werden«, freut sich Markus Reinermann von Chance e.V.

Zu Antje Weber kommen Menschen wie Markus S.* Der 25-Jährige saß 14 Monate im Jugendstrafvollzug in Herford. »Draußen« hatte er aufgrund seiner Drogenabhängigkeit eine Ausbildung zum Gas-/Wasserinstallateur abgebrochen. In der JVA setzte er sie fort und bestand die Zwischenprüfung. Nach seiner Freilassung gelang es MABiS.NeT ihn zunächst für ein Praktikum in einem Ein-Mann-Betrieb unterzubringen. Der Meister war so zufrieden, dass Markus dort seine Ausbildung zu Ende machen kann. Doch Haft und Drogenmissbrauch haben Spuren hinterlassen, so dass eine Betreuung durch MABiS.NeT auch in den ersten Monaten nach der Einstellung nötig ist. Dank dieser intensiven Hilfestellung gehört Markus S. bisher nicht zu jenen 80 Prozent der Haftentlassenen mit beruflicher Qualifizierung, die wieder Straftaten begehen, wenn sie arbeitslos sind. Ohne diese Qualifizierung liegt die Rückfallquote sogar bei 90 Prozent.

Bis zu zwei Monate vor der Entlassung findet daher in der Regel der erste Kontakt statt. Antje Weber erarbeitet mit den Betroffenen ein Persönlichkeitsprofil und bereitet sie auf Bewerbungssituationen vor. »Berührungsängste gibt es bei der Arbeitssuche auf beiden Seiten«, erzählt die 35-Jährige. »Die Arbeitgeber einerseits wollen das Risiko nicht eingehen, einen unzuverlässigen und vielleicht immer noch kriminellen Arbeitnehmer einzustellen. Die Bewerber andererseits wissen nur zu genau um ihren Makel der Inhaftierung«. Bis Ende 2007 ist die Finanzierung von MABiS.NeT gesichert.

 

Weitere Informationen im Ev. Johanneswerk unter: Tel.: 0521. 801-2765. *Name geändert.