Wollen
Sie einen frisch aus dem Gefängnis Entlassenen einstellen? Die meisten Arbeitgeber
werden diese Frage negativ beantworten. Dabei belegen Untersuchungen, dass die
Rückfallquote bis zu zwei Drittel sinkt, wenn Haftentlassene nach der Haft eine
Arbeit finden.
»Arbeitgeber sind oft überrascht über das sehr hohe Niveau
der Ausbildung in den Vollzugsanstalten«, erzählt Antje Weber, von der
MABiS.Net Nachsorgestelle für berufliche Integration Haftentlassener in
Ostwestfalen-Lippe des Evangelischen Johanneswerk. »Vom Gärtner über Koch,
Tischler, Schweißer und Elektromechaniker reicht das vielfältige Angebot für
männliche Inhaftierte«, sagt Weber. Junge Straftäter absolvieren oft erst in
der Haft eine Ausbildung. »Damit haben sie erstmals eine vernünftige
Zukunftsperspektive, wenn es ihnen mit unserer Hilfe gelingt, Arbeit zu finden«,
betont die Sozialpädagogin. Die Einrichtung für OWL ist eine Kooperation des
Evangelischen Gemeindedienstes im Johanneswerk mit Chance e.V. Münster.
MABiS.NeT steht für »Marktorientierte Ausbildungs- und
Beschäftigungsintegration für Strafentlassene« und wurde bis 2004 über den
Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Der Erfolg überzeugte das Justizministerium
NRW, in das Projekt einzusteigen und es zu finanzieren. »Mit der Förderung des
Justizministeriums kann das Projekt nun wieder in ganz Nordrhein-Westfalen
angeboten werden«, freut sich Markus Reinermann von Chance e.V.
Zu Antje Weber kommen Menschen wie Markus S.* Der 25-Jährige
saß 14 Monate im Jugendstrafvollzug in Herford. »Draußen« hatte er aufgrund
seiner Drogenabhängigkeit eine Ausbildung zum Gas-/Wasserinstallateur
abgebrochen. In der JVA setzte er sie fort und bestand die Zwischenprüfung.
Nach seiner Freilassung gelang es MABiS.NeT ihn zunächst für ein Praktikum in
einem Ein-Mann-Betrieb unterzubringen. Der Meister war so zufrieden, dass
Markus dort seine Ausbildung zu Ende machen kann. Doch Haft und
Drogenmissbrauch haben Spuren hinterlassen, so dass eine Betreuung durch
MABiS.NeT auch in den ersten Monaten nach der Einstellung nötig ist. Dank
dieser intensiven Hilfestellung gehört Markus S. bisher nicht zu jenen 80 Prozent
der Haftentlassenen mit beruflicher Qualifizierung, die wieder Straftaten
begehen, wenn sie arbeitslos sind. Ohne diese Qualifizierung liegt die
Rückfallquote sogar bei 90 Prozent.
Bis zu zwei Monate vor der Entlassung findet daher in der
Regel der erste Kontakt statt. Antje Weber erarbeitet mit den Betroffenen ein
Persönlichkeitsprofil und bereitet sie auf Bewerbungssituationen vor. »Berührungsängste
gibt es bei der Arbeitssuche auf beiden Seiten«, erzählt die 35-Jährige. »Die
Arbeitgeber einerseits wollen das Risiko nicht eingehen, einen unzuverlässigen
und vielleicht immer noch kriminellen Arbeitnehmer einzustellen. Die Bewerber
andererseits wissen nur zu genau um ihren Makel der Inhaftierung«. Bis Ende
2007 ist die Finanzierung von MABiS.NeT gesichert.
Weitere Informationen im Ev. Johanneswerk unter: Tel.: 0521.
801-2765. *Name geändert.