Kampagne gegen Totalprotokollierung (04.10.2006)
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein bundesweiter Zusammenschluss
von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, an dem auch der
Bielefelder FoeBuD beteiligt ist, hat in der vergangenen Woche eine Kampagne
gegen die von SPD und Union geplante Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten
gestartet. Auf einem speziellen Internetportal können besorgte Bürger Offene Protestbriefe verfassen, die automatisch an
alle 448 Bundestagsabgeordnete der Koalition versandt werden.
»Die Vorratsdatenspeicherung privatester Kommunikationsdaten
widerspricht jeglicher Verhältnismäßigkeit und würde sich verheerend auf die
Meinungsfreiheit auswirken«, warnt Bettina Winsemann vom Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung. »Gespräche mit der
Telefonseelsorge, mit Anwälten, mit Presseinformanten all dies würde für
die zugriffsberechtigten Personen und Behörden ein offenes Buch werden«.
Das Bundesjustizministerium erarbeitet derzeit einen
Gesetzentwurf zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung in Deutschland.
Einem Bundestagsbeschluss vom Februar 2006 zufolge soll ab Mitte 2007 zur verbesserten
Strafverfolgung über einen Zeitraum von sechs Monaten nachvollziehbar werden,
wer mit wem per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei
Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers
festgehalten werden. Neben Polizei und Staatsanwaltschaften hätten auch die Geheimdienste
und ausländische Staaten wie die USA Zugriff auf die Daten.
Um die Koalition zu einer Aussetzung des Gesetzesvorhabens
zu bewegen, setzt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf
Überzeugungsarbeit. Auf einem speziellen Internetportal sollen besorgte Bürger
Protestbriefe an die Bundestagsabgeordneten verfassen. Jeder Brief wird per
E-Mail automatisch an alle 448 Abgeordnete von Union und SPD versandt und
außerdem als »Offener Brief« im Internet veröffentlicht. Auf diese Weise soll
den Abgeordneten deutlich gemacht werden, wie groß der öffentliche
Widerstand gegen das Vorhaben ist. Einer Meinungsumfrage
der Forschungsgruppe Wahlen zufolge
lehnt fast jeder zweite Bundesbürger (47 Prozent) eine Vorratsdatenspeicherung
ab.
Gegenwärtig dürfen Telekommunikationsanbieter nur die zur
Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören
Standortdaten und Email-Adressdaten nicht. Auch sonstige Verbindungsdaten werden
auf Wunsch mit Rechnungsversand gelöscht. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen
kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden, was etwa für
Journalisten und Beratungsstellen wichtig sein kann, die auf besondere Vertraulichkeit
angewiesen sind.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein
bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern:
www.vorratsdatenspeicherung.de