Auf heftige Kritik stößt der Planfeststellungsbeschluss der
Bezirksregierung zum Ausbau der Detmolder Straße bei der Bürgeriniative
Sichere Detmolder Straße: »Die Bezirksregierung hat die detaillierten
und gut begründeten Vorschläge von mehr als 1.100 Bürgerinnen und
Bürgern, die in einer zweitägigen Anhörung im November 2004 erörtert
wurden, vom Tisch gewischt«, erklärt Rita Stuke von der
Bürgerinitiative. Praktisch alle Bürgereinwendungen seien abgelehnt
worden, lediglich zwei kleine Änderungen bei der Anlage von
Grundstückszufahrten wurden vorgenommen. »Was als Abbau von Bürokratie
verkauft wird, ist eher ein Abbau von Bürgerbeteiligung«.
Die BürgerInneninitiative zeigt sich verwundert, wie
»oberflächlich« die Planfeststellung von Seiten der Bezirksregierung
Detmold durchgeführt wurde. Die Auslegung des
Planfeststellungsbeschlusses sei von der Stadt Bielefeld zudem mitten
in die Sommerferien gelegt worden, was den Eindruck hinterlasse, als
solle die Öffentlichkeit möglichst ausgeschlossen werden. Dabei ruhte
der Plan zuvor 15 Monate lang bei der Landesregierung in Düsseldorf,
dort ohne ein Ergebnis. Jetzt, nachdem die Bezirksregierung die
Zuständigkeit für dieses Verfahren erhalten hat, sei das Verfahren
innerhalb von drei Monaten von der Bezirksregierung Detmold »auf Biegen
und Brechen« durchgezogen worden. In einer Pressemitteilung schreibt
die Bezirksregierung: »Da die Finanzierung der Baumaßnahme gesichert
ist, kann mit ihrer Realisierung durch die Stadt Bielefeld nun zügig
begonnen werden.«
Im Planfeststellungsbeschluss räumt die Bezirksregierung ein, dass
die Grenzwerte für Feinstaub auch nach dem Umbau weiterhin
überschritten werden. Die unzulässig hohe Luftbelastung könnte dann
aber »mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung ... vermieden werden«
heißt es im Beschluss. Diese Ausführungen stünden aber im Gegensatz
dazu, dass die Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl die
Aufstellung eines Aktionsplans zur Luftreinhaltung für die Detmolder
Straße ausgesetzt hat. Mit Spannung erwartet die Bürgerinitiative nun
die Entscheidung über die Klage eines Anwohnersauf einen Aktionsplan.
Sie fällt in den nächsten Wochen.
Feigenblatt Bürgerbeteiligung
Ein Kommentar von Manfred Horn
Politiker aller Parteien nehmen das Wort der »Bürgerbeteiligung«
gerne in den Mund, besonders vor den Wahlen. Wenn es aber darauf
ankommt, wird die Meinung vieler Bürger einfach ignoriert. Der Umbau
der Detmolder Straße ist ein gutes Beispiel: Jahrelang kämpfen Stadt
und Anwohner um den »richtigen« Umbau, der sich grob in zwei Richtungen
trennt: Die einen wollen eine reine Autostraße, die anderen wollen,
dass künftig auch Fußgänger und Radfahrer an der Detmolder Straße eine
Überlebenschance haben.
Die zahlreichen Einwendungen von Anwohnern hat die Bezirksregierung
in ihrem Planfeststellungsbeschluss ignoriert. Hier darf der
Bezirksregierung unter Federführung einer FDP-Regierungspräsidentin
durchaus politische Motivation unterstellt werden. Und die lautet:
Vorfahrt für den Individualverkehr. Waren und Menschen müssen sich
bewegen können, und dies geht am besten mit dem Auto. Diese Ansicht,
die sich quer durch die meisten Parteien seit vielen Jahrzehnten in den
Köpfen der meisten Politiker festbetoniert hat, ist kaum zu knacken.
Dass sie angesichts von Umweltverschmutzung, Gesundheitsbelastung,
steigenden Spritpreisen und sinkender Einwohnerzahl längst nicht mehr
zeitgemäß ist, spielt offenbar keine Rolle.
Viel entscheidender aber ist, dass hier zum x-ten Mal der Glaube in
demokratische Mitwirkungsinstrumente untergraben wird. Die Beteiligung
der Bürger scheint immer nur so weit zu reichen bis höhere Interessen,
in der Regel der Wirtschaft, berührt werden. Zurecht fragt sich die
Bürgerinitiative Sichere Detmolder Straße nun, was die ganze
Bürgerbeteiligung eigentlich solle. Da schreiben sich Anwohner die
Finger wund und machen Alternativvorschläge, nur um zu erfahren, dass
sie genauso gut in der Nase hätten bohren können. Vulgärer ausgedrückt,
handelt es sich um eine große Verarschung. Und die trägt dazu bei, dass
die Politik, so sie denn überhaupt noch Glaubwürdigkeit besitzt,
künftig noch weniger ernst genommen wird. Wenn Bürger merken, dass ihre
Beteiligung nicht erwünscht oder nur als Alibi genommen wird, werden
sie sich weiter abwenden vom bestehenden politischen System.