Noch einen oben drauf gesetzt: Indentdant Michael Heicks ist begeistert vom neuen Spielzeitheft
Text und Bilder: Manfred Horn
Es hat sich viel getan im Stadttheater am Niedernwall: Die Probebühne ist halbwegs eingeräumt und wird auch schon wieder genutzt, die Werkstätten sind wieder eingezogen. Dennoch: an vielen Ecken wird noch kräftig gewerkelt. Wer die Bühne und den Zuschauerraum sieht, kann sich nur schwer vorstellen, dass das Haus im September wieder eröffnet wird.
23 Millionen Euro verschlingt der Umbau, der nun seit gut eineinhalb Jahren läuft. Eine gewaltige Summe. Zehn Prozent davon will die Theaterstiftung zahlen, ein ehrgeiziges Ziel. 2.248.000 hat die Stiftung in den vergangenen Monaten bereits an Spenden eingesammelt. Für das viele Geld wird Bielefeld allerdings ein rundumerneuertes Theater erhalten. Nicht nur der Zuschauerraum wird neu sein, auch drumherum hat sich einiges verändert: So werden links und rechts vom Eingang weiß getünchte Wendeltreppen und Lichtschacht in der Decke zu den einzelnen Etagen führen. Eine Erfrischungszone für die Besucher wird eingerichtet. Die Mitarbeiter des Hauses erhalten sogar eine eigene Kantine. Intendant Michael Heicks freut sich schon auf die Eröffnung. Er ist sich sicher, dass bis dahin alles fertig wird.
Am 15. September wird das Haus offiziell eingeweiht. Geladen ist dazu aber weniger die Öffentlichkeit: Kommen werden vor allem Sponsoren, Politiker und Künstler. Die Restkarten allerdings werden verkauft. Die Einweihung für das gemeine Volk findet dann ein Tag später, am 16. September statt. Und zwar nicht nur im Theater, sondern auch draußen. »Programme auf verschiedenen Bühnen und Prominente aus Rundfunk und Fernsehen« verspricht Heicks. »Ich finde es furchtbar, die Bühne zum Tanzen zu nutzen. Wir machen das eigentlich nicht«, verrät der Intendant, »am 16. September jedoch wird es eine Ausnahme geben«. Zur Eröffnung sei dies sogar ein »Muss«. Die Besucher des Festes haben so die Möglichkeit, einmal auf den heiligen Brettern zu stehen und ein bisschen auf ihnen herumzuhüpfen. Ferner wird es »Entdeckungstouren« durch das Haus geben. Überall im Haus werden sich Schauspieler, Sänger, Tänzer und andere Ensemblemitglieder mit Aktionen präsentieren.
Großes Fest am 16. September
Außer dem Festprogramm verrät Heicks allerdings nicht viel. Ein großes Geheimnis soll das Haus vorläufig bleiben. Baustellenbesichtigungen wird es bis Mitte September nicht mehr geben. Überraschen wolle man die Besucher. Ein bisschen Weihnachten also im sommerlichen Bielefeld. Da passt es auch, dass das neue Programmheft für die Spielzeit 2006/2007 unter das Motto »Geheimnisse« gestellt wurde. Obwohl, in dem Heft, das schon eher ein kleines Buch ist, werden eher kleine Geheimnisse verraten. Ensemblemitglieder verraten in Bild und Schrift ihre Geheimnisse, zumindest die, die sie preisgeben wollen. Der Schauspieler Harald Gieche hat sich an den Kopf geklebt: »Ich bin immer noch nervös«. Obs stimmt? Wahrscheinlich schon.
Das Jahresprogramm, dass den Titel Neuzeit trägt, weil im September mit der Wiedereröffnung des Hauses am Niedernwall eine neue Epoche in Bielefelds Theatergeschichte beginnen soll, wurde von der Agentur nodesign aus Essen erstellt. Die Agentur war auch schon für das Programmheft der nun auslaufenden Spielzeit verantwortlich. Die 30.000 Exemplare gingen sehr gut weg, »einige haben gesagt, das kann man sich auch ins Buchregal stellen«, sagt Heiks. Das Heft ist aufwendig gestaltet, ebenso wie das in einer 12.000er Auflage verbreitete Programmheft der Bielefelder Philharmoniker.
Im Zeitalter von Weblogs ist sogar ein Blick hinter die Kulissen möglich: HD Schellnack von nodesign hat die Gestaltung entworfen und zusammengebaut. Im Blog schreibt er unter dem Datum 8. Juni: »Die Druckerei flippt derzeit eher rum. Der Druck dauert schon eine Woche. Angeblich, weil da so viel Farbe im Heft ist. Ne, sure
als ob man da vorher keine PDF zu denen geschickt hätte. Oder zumindest beim erstellen der Formproof auffallen sollte, daß eine Menge Seiten schwarz sind. Kon-gen-ial«. Schließlich hat aber noch alles geklappt. Pünktlich zum Präsentationstermin 12. Juni waren die Exemplare von Busch Druck ausgeliefert worden.
Neues aus dem Blog
Zum Produktionsprozess des Programmheftes schreibt HD Schellnack »Das Heft ist nicht ganz so smooth gelaufen wie das der Philharmoniker, weil ich und Seán zusammen mit dem Theater wirklich aufwendige Photoshop-Montagen rund 36 GB komprimierte PSD aus den Portraitbildern und Baustellenmotiven von Philipp Ottendörfer anfertigten, die einfach dann doch eben entsprechend Zeit und Power gekostet haben, zugleich aber auch extrem viel Spaß machten. Es ist schon ein Unterschied, ob man nur ein paar Photos in ein Layout nimmt oder aber aus einem ganzen Ensemble seltsame futuristische Floralwesen zaubert, das bedeutet dann eben Nachtschicht und Einsatz weit über das normale Maß, aber allein vom enormen Funfaktor war es die Mühe wert«. HD Schellnack gibt sich im weiteren bescheiden, »ich weiß ehrlich im Moment nicht, ob das Heft wirklich neutral gut oder schlecht geworden ist, ob die Ironie in den Bildern immer verständlich ist, ob die Typo doch zu schlicht für die Overkill-Monaten geblieben ist, keine Ahnung«.
Es folgen Weisheiten des Arbeitslebens: »viel zu viel Zeit damit verbracht, viel zu nahe dran, viel zu schnell und intensiv gearbeitet
aber es war, mal abgesehen von ein zwei etwas sehr stressigen Tagen, eine enorme Erfahrung, ein echter Kick, gemeinsam so mutig zu sein gemacht und ich hoffe, es macht beim Durchforschen nach all den kleinen Gimmicks in den Bildern später genausoviel Spaß wie wir beim Basteln der Bilder hatten«. HD Schellnack sei beruhigt: Nach dem ersten Durchblättern macht das Heft einen hervorragenden Eindruck. Mit seinen Programmheften hat das Bielefelder Theater seinen Platz in der Premier-League eingenommen, was die Gestaltung von Werbung angeht.
Weitere Informationen zum Produktionsprozess des Heftes im Blog von HD Schellnack: http://www.hdschellnack.de/
Das Theater der Stadt im Netz: http://www.theater-bielefeld.de
Bildstrecke
Führte über die verschlungenen Pfade des Stadttheaters: Der technische Direktor Reinhard Hühne
Nur noch ein tiefes schwarzes Loch: Die Bühne im März 2005
Auferstanden aus Ruinen: Heute kann man zumindest ahnen, das hier demnächst wieder eine Bühne stehen wird
Die linke Seite des Theaterraums im März 2005
Heute läuft viel Technik an der Wand, die bis zur Eröffnung noch wohlverkleidet wird
Kein Klodeckel für Außerirdische sondern eher ein Ort für Wandbeleuchtung. Im März 2005 noch vernagelt, heute schon ohne Bretter und mit Kabel(nächstes Bild)
Wo sind die Aliens? Der große Innenraum erinnert im aktuellen Zustand beim Blick zur Decke hin doch sehr an ein Raumschiff
Verspiegelt, aber noch ohne Stangen: Der neue Proberaum des Balletts
Gesellschafts- und ordnungspolitisch nicht korrekt, im Zweifel waren es die Bauarbeiter
Noch trist: Das Foyer des Theaters
Luftig: Die neuen Wendeltreppen haben von oben einen Lichtschacht mit Himmelblick