Angelika Claußen: Militärs sind nicht in der Lage, Frieden herzustellen
Von Manfred Horn Rund 200 Menschen zogen am Samstag Mittag durch die Bielefelder Innenstadt, um für Frieden im Nahen Osten zu demonstrieren. Aufgerufen hatte das Bielefelder Friedensnetzwerk, das bereits eine Woche zuvor eine ähnliche Veranstaltung organisiert hatte.
Für die Veranstalter sprach Angelika Claußen. Die Bielefelder Ärztin ist zugleich Bundesvorsitzendes des IPPNW Ärtze in sozialer Verantwortung und zur Verhütung des Atomskriegs. In ihrer Rede forderte sie einen sofortigen Waffenstillstand. Die Menschen im Krieg müssten ihr Leben geben, weil die Militärs nicht in der Lage seien, Frieden zu schaffen. Diesen Vorwurf richtete sie sowohl an die israelische wie auch die palästinensiche Seite und an die Hisbollah.
Das Grundproblem der Nahost-Region sei Palästina. Dies habe auch zu diesem Krieg geführt. Aus dem UN-Teilungsplan für Palästina begründe sich das Existenzrecht des Staates Israel auf der einen Seite und das Existenzrecht Palästinas auf der anderen Seite. Doch seit dem Plan sind bereits fast 60 Jahre vergangen und der palästinensische Staat bis heute nicht umgesetzt.
Ablehnend äußerte sich Claußen stellvertretend für das Friedensnetzwerk zu internationalen Truppen im Südlibanon. Solche Vorschläge seien »grundsätzlich gefährlich und Konflikt schürend«. Um einen dauerhaften, nachhaltigen und gerechten Frieden zu gewährleisten, müssten alle beteiligten Konfliktparteien an einem Tisch sitzen. Das seien die israelische Regierung, die gewählte palästinensische Regierung, die libanesische Regierung samt Hisbollah, bei der es sich keineswegs ausschließlich um eine Miliz handele, sondern eine politische Partei, die in der schiitischen Bevölkerung Libanons verwurzelt ist. Ebenso müsse die syrische Regierung mit am Tisch sitzen, um den Konflikt um die von Israel besetzten Golanhöhen zu lösen.
Und schließlich, so erklärte Claußen weiter, auch die iranische Regierung wegen der Atomwaffenfrage, die zu allererst Israel angehe, »der Staat im Nahen Osten, der schon jetzt über 200 Atombomben verfügt«. Notwendig seien jetzt ein sofortiger Waffenstillstand, eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten, unter anderem mit dem Ziel, eine atomwaffenfreie Zone zu etablieren.
Bisher jedoch wehre die israelische Regierung jeglichen Dialog mit den gewählten Führern des palästinensischen Volkes ab. Diese Weigerung zum Dialog führe letztlich zu Schwächung der moderaten Kräfte bei den Palästinensern, aber auch bei anderen politischen Kräften in der Region, führte Claußen weiter aus.
Sie richtete den Blick aber auch noch vorn. Ihre Vision: Die Städte Tel Aviv und Gaza sollen an ihrer Grenze eine große gemeinsame solarthermische Anlage errichten, die beide Städte mit Strom sowie Klimatisierung von Wohnungen versorgt. Die Anlage sollte mit einer gemeinsamen Meerwasser- Entsalzungsanlage verknüpft werden, die ebenfalls für bei Städte das notwendige Trinkwasser bereitstellt und so Krankheiten verhüten hilft. Die EU soll dieses Projekt finanziell fördern, sowohl israelische als auch palästinensische Ingenieure und Bauarbeiter sowie Handwerker sollten am Aufbau und bei der Wartung der Anlage zusammen arbeiten.
»Dieses gemeinsame Projekt könnte Frieden dauerhaft stabilisieren und wäre zudem viele Male kostengünstiger und nachhaltiger als die Stationierung von Kampftruppen und Waffen auf beiden Seiten«. Dies könne der Ausgangspunkt für viele gemeinsame entwicklungs- und friedenspolitische Projekte in der gesamten Region werden, in denen alle Anrainerstaaten zusammen arbeiten.