Von Harald ManningaNach »Das Wunder von Bern« dann doch auch mal wieder ein Fußballfilm. Fußball ist ja eins der Themen Nr. 1 in der Welt, und ein Film über Fußball ist außerdem bei den Hofer Filmtagen besonders gut aufgehoben, schon wegen des »legendären« und jedes Jahr stattfindenden Spiels zwischen der Auswahl der Regisseure und der der Hofer Mitarbeiter/Organisatoren. (Das Letztere dies Jahr 3:2 gewonnen haben, nach einigen Jahren der Niederlage gegenüber den Regisseuren. Torschützenkönig ist aber wohl immer noch Sönke Wortmann, der aber dies Jahr nicht dabei war.) Allerdings gibt es ja Fußball in verschiedenen Darreichungsformen. In diesem Fall, d.h. Film gehts um »Tipp-Kick«. Und darum, was passieren kann, wenn so eine Druckknopffußballfigur zum Leben erweckt wird.
»Nr. 10 lebt!«. Sozusagen.
Anfang der 1960er gabs wohl nicht viel an Freizeitbeschäftigung. Jedenfalls hat Hans-Günter, der genauso aussieht, wie er heißt, keine andere Leidenschft als sein »Tipp-Kick«. Er malt seine Spielfigur auch sehr akribisch zu einer individuellen Figur aus und an, weißes Trikot, Rückennummer 10, alles sowas, worüber die andern lachen, aber die werden schon sehen!
Zu einer lokalen Qualifikation für irgendwelche Meisterschaften dieser etwas abseitigen Vereinsmeierei kommen zwei Lokalreporterinnen der Lokalzeitung. Marion fotografiert. Aus Gründen, die weder interessieren noch auch wirklich verständlich sind, verliebt sie sich auf den ersten Blick in Hans-Günter und nimmt ihn sich mit nach Hause. (Hat man das in den frühen 60ern wirklich so gemacht? Zweifel dürfen bleiben, aber wenns der Dramaturgie dient...)
Hier nimmt das Schicksal oder sonst so jemand seinen Lauf: Die »Tipp-Kick«-Figur mit der liebevoll aufgemalten Nummer 10 fällt in die Badewanne, in die außerdem quasi zufällig Marions diverse Foto-Chemikalien reinlaufen. Die die Figur zum lebendigen Wesen machen.
Entsteht: Eine turbulente Komödie um einen werdenden Fußballstar.
»Nummer Zehn« hält es nämlich nicht lange beim Tischfußball, er möchte richtigen Fußball spielen, nachdem er das mal im Fernsehen sieht. Und dazu bekommt er mehr oder weniger zufällig dann auch Gelegenheit, der Bus der »Rheinischen Bezirksauswahl« nimmt auf der Fahrt ins Trainingslager irrtümlich ihn mit, weil der eigentlich erwartete Spieler nicht auftaucht. Und »Nr. 10« wird nach etwas Training sogar zum Bundesligastar (dessen Namen wir alle kennen, der aber hier nicht verraten wird, wo werd ich denn!)
Eine sehr ambitioniert und ordentlich gemachte Witzelei! Bei der besonders der »Kicker« Eckhard Preuss bemerkenswert ist, der am Anfang eine leicht verwirrte zum Leben gebrachte Metallfigur (zunächst nur) pantomimt, der die wirkliche Welt so merkwürdig vorkommt wie offensteht. Es gibt in der Folge vielerlei Irrungen und Wirrungen, gute Sprüche und Verknüpfungen der unterschiedlichen »Stränge«.
Und natürlich ist es von vornherein klar, daß man sich von so mancher Vorstellung über irgendwelche »Realität« verabschieden muss, um in die Welt dieses Film abzutauchen. Der Film überreizt die selbstgemachte neue »Realität« allerdings denn doch etwas. Es bleibt nicht nur die Frage offen, warum sich die eigentliche Nr. 10, die den Bus wohl (nur?) verpasst hat, nicht nachträglich meldet und abgeholt werden will. Und ob Christoph Maria Herbst als Trainer so überzeugend ist... Mag Geschmacksfrage sein: wer ihn mag, mag ihn in der Rolle wohl mögen. Und wozu die Rahmengeschichte mit dem altgewordenen Hans-Günter in der »Jetztzeit«, aus der wir in die Reminiszenz geführt werden, nun wirklich notwendig sein mag... Hm.
Insgesamt aber doch mal ein Fußballfilm, der sich über die scheinbare Ernsthaftigkeit dieses Sports und eigentlich jede andere Art irgendwelcher (deutscher?) Tümlichkeit ziemlich herrlich lustig macht. Hat man auch nicht oft, und allein deshalb ist der Film dann doch sehr sehenswert.