Neues Sozialforum: Globalisierte Kritik erreicht OWL (06.08.2003)
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Mit Kind und Kegel im Camp: TeilnehmerInnen am Porto Alegre Weltsozialforum 2002
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Gründerzeit für Sozialforen: Innerhalb einer Woche entstanden gleich zwei. Das »Sozialforum Bielefeld« will sich zukünftig vor allem zu sozialpolitischen Fragen äußern (WebWecker berichtete). Das ebenfalls neu entstandene »Sozialforum OWL« will eine Vernetzung für ganz Ostwestfalen und orientiert sich am Weltsozialforum, das 2001 erstmals im brasilianischen Porto Alegre stattfand.Von André PlümerEin Sozialforum soll laut den InitiatorInnen ein sozialer Raum und eine breite Diskussionsplattform für Analysen, Alternativen und herausfordernde Protestkultur sein. Erst gab es diese Foren auf internationaler Ebene, jetzt kommen sie – ganz nach der Maxime »global denken, lokal handeln« – zurück in die Regionen. Zu einem ersten Koordinierungstreffen für ein »Sozialforum OWL« lud die Alternative Liste und das »Forum linker Gewerkschafter OWL« am Samstag, 26. Juli, in die Universität Bielefeld ein. Die circa 40 TeilnehmerInnen waren interessierte Personen und MitarbeiterInnen aus Umweltverbänden, linken Parteien, Welthaus und Attac. Zunächst wurde ein weiteres Treffen am 30. August in der Universität vereinbart. Auf Offenheit wird dabei großen Wert gelegt: Offen in dem Sinn, dass das »Sozialforum OWL« nicht nur einen kleinen linken Zirkel ansprechen will, sondern beispielsweise auch Sportvereine und andere lokale Initiativen, die sich durch allzu wirtschaftsfreundliche Politik und Sozialabbau beeinträchtigt fühlen.
Vorbild ist das Weltsozialforum: Unter diesem Label fanden sich im Januar 2001 erstmals GlobalisierungskritikerInnen, Nichtregierungsorganisationen und soziale Bewegungen im brasilianischen Porto Alegre zusammen. Anfangs als Gegengipfel zum Weltwirtschaftsforum in Davos gedacht, wurde das Sozialforum zu einem permanenten Prozess des Suchens und des Aufbauens von Alternativen zum Konzept des Neoliberalismus und fand mehrere Jahre regelmäßig in Porto Alegre statt. Außerdem entstanden kontinentale Sozialforen für Amerika, Ozeanien, Europa und Asien, regionale für den Mittelmeer- und Amazonasraum und thematische Sozialforen wie zum Beispiel das Weltsozialforum zum Thema Wasser.
Ein Europäisches Sozialforum fand erstmals im November 2002 in Florenz statt. Es nahmen 60.000 Menschen an Kongressen, Seminaren und Workshops zu den verschiedenen Themen des sozialen Spektrums teil. Ein zweites Europäisches Sozialforum in Paris wird für November 2003 vorbereitet. Seit ungefähr einem Jahr entstehen die ersten regionalen Sozialforen in Deutschland, so zum Beispiel in Aachen, Bonn, Freiburg, Düsseldorf, Köln, München.
Ein Bielefelder Thema, das sowohl das neu gegründete Sozialforum Bielefeld wie auch das »Sozialforum OWL« aufgreifen werden, ist die geplante »Sonderwirtschaftszone OWL«. Dabei handelt es sich um eine Idee des Bundeswirtschaftsministeriums, das in Modellregionen durch »Bürokratieabbau« den Wirtschaftsstandort ankurbeln will. Die Meinungen zu der geplanten Sonderwirtschaftszone sind unterschiedlich: Während die CDU Herford die Sonderstellung einzelner Regionen problematisch findet, befürwortet die regionale Wirtschaft Vereinfachungen und verlangt gleichzeitig Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte. Die IG Metall Bielefeld wendet sich gegen solche Einschränkungen beispielsweise der Tarifautonomie, befürwortet aber das Gesamtkonzept und fordert Erleichterungen für Arbeitnehmer, beispielsweise bei der Riester-Rente.