Webwecker Bielefeld: zwangsumzug

Zwangsumzüge in der Diskussion (22.03.2006)



Von Manfred Horn

Bundeweit 250.000 bis 500.000 Zwangsumzüge befürchten Erwerbsloseninitiativen, weil die Wohnungskosten bei vielen Erwerbslosen zu hoch seien. Denn Empfänger des Arbeitslosengeldes II (Alg-II) dürfen nur bis zu einer bestimmten Grenze Kosten für ihre Wohnung vorweisen. Die offizielle Sprachregelung: Finanziert werde nur noch »angemessener« Wohnraum (WebWecker berichtete).

In Bielefeld gilt als Richtwert 4,64 Euro Kaltmiete. In der Summe darf die Kaltmiete für eine Einzelperson 245,92 Euro nicht überschreiten. Die Übergangsregelung von Arbeitslosenhilfe-Empfängern nach dem alten Gesetz galt nur für 2005. So konnten Bezieher der ehemaligen Arbeitslosenhilfe eine Maximalkaltmiete von 6,95 Euro ausgeben. Für sie gilt seit dem 1. Januar nun auch der Maximalsatz von 4,64 Euro.

Allerdings gibt es Ausnahmen: Wer in »Wohnungsnotfall« ist, bekommt statt 4,64 Euro bis zu 5,09 Euro zugestanden. Hierzu zählen besondere Personengruppen wie von Obdachlosigkeit bedrohte Personen, Behinderte oder auch Frauen, die aus dem Frauenhaus ausziehen. Sie erhalten wie alle anderen auch zusätzlich die Neben- und die Heizkosten, zusammen bis maximal 2,33 Euro pro Quadratmeter. Die Stadt, die gemeinsam mit der Agentur für Arbeit ›Arbeitplus bildet‹, sieht hier Überprüfungsbedarf in beide Richtungen: Die Ausnahmetatbestände können sich nach der politischen Debatte verringern oder im besseren Fall vergrößern.

Peter Ridder-Wilkens, Vertreter der Linkspartei in der Bezirksvertretung Mitte, richtete nun eine Anfrage an die Verwaltung. Er wollte wissen, wie viele Aufforderungen zum Umzug bereits durch ›Arbeitplus‹ ergangen seien und zu vielen Zwangsumzügen es schon gekommen sei. In einer Stellungnahme von Arbeitplus heißt es, es gebe keine Aufforderungen zum Umzug, sondern nur zur »Senkung der Kosten für die Unterkunft«. Der Umzug sei nur eine Möglichkeit, die Senkung der Unterkunftskosten herbeizuführen. Im vergangenen Jahr seien bielefeldweit 924 Aufforderungen zur Kostensenkung ergangen.

Arbeitplus geht auch davon aus, dass es bereits zu Umzügen auf Grund der Aufforderungsverfahren gekommen ist. Allerdings: »Eine Auswertung dahingehend, ob es tatsächlich zu einem Umzug gekommen ist, ist für bis 31.12.2005 initiierte Aufforderungsverfahren nicht vorgesehen gewesen«. Deshalb fehlten die Daten, um eine Zahl zu nennen.

Weiter fragte Ridder-Wilkens, wie viele Bedarfsgemeinschaften den von Arbeitplus nicht übernommenen Mietanteil aus ihrem allgemeinen Bedarf, also dem Geld, das sie eigentlich für den Lebensunterhalt bekommen, bestreiten. Für den Stadtbezirk Mitte nennt Arbeitplus 105 von 325 Bedarfsgemeinschaften, die selbst Teile der Unterkunftskosten tragen.

Schließlich wollte der Abgeordnete der Linkspartei wissen, ob es richtig sei, dass ALG-II Bezieher verstärkt entlang der Bahnlinie wohnen. Dazu konnte Arbeitplus keine Angaben machen. Die eingesetzte Software A2LL biete keine entsprechenden Auswertungsmodule.