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Vorbeugung bei Kindern, Suchtkreislauf durchbrechen: Die Mitarbeiterinnen der Fachstelle Saskia van Oosterum (links) und Ursula Castrup
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Sucht ist weit verbreitet. Alleine in jeder siebten Familie in Deutschland kommt Alkoholabhängigkeit vor. Kinder sind davon besonders betroffen. Ein Projekt der Fachstelle für Suchtvorbeugung hat sie in den Fokus genommenVon Manfred Horn»Einmal habe ich meine Freundin mitgebracht, da lag die Mama auf dem Sofa und hat nicht Guten Tag gesagt, da hab ich die Bierflaschen unters Sofa geschoben und habe erzählt, sie schlafe. Ich habe mich so geschämt«
Am heutigen Mittwoch veranstaltet die Fachstelle für Suchtvorbeugung der Bielefelder Drogenberatung den Fachtag »Kind Sucht Eltern«. Der Fachtag bildet fast schon so etwas wie den Abschluss eines dreijährigen, vom Land NRW geförderten Projekts zur »Primärprävention mit Kindern aus suchtbelasteteten Lebenszusammenhängen«.
Sucht ist weit verbreitet und hat viele Formen: Nikotin, Alkohol, Medikamente, um nur einige zu nennen. Die Fachstelle für Suchtvorbeugung ist eine von fünf Institutionen in NRW, die das Modellprojekt durchführen. Dabei stehen die Kinder im Mittelpunkt. Im ambulanten Bereich der Suchtkrankenhilfe stellen Angebote für Kinder immer noch eine große Ausnahme dar. Kinder aus Suchtfamilien sind jedoch hoch gefährdet, eine gleiche oder ähnliche Sucht auszuprägen wie ihre Eltern, wissen die Mitarbeiterinnen der Fachstelle.
Bei etwa zwei Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland wird davon ausgegangen, dass eine elterliche Alkoholabhängigkeit besteht. Weitere circa 40.000 Kinder wachsen unter der Obhut von Eltern auf, die illegale Drogen wie Heroin oder Kokain konsumieren. Kinder aus suchtbelasteten Familien weisen ein bis zu sechsfach erhöhtes Risiko auf, selbst suchtkrank zu werden. Schon als Kind oder Jugendlicher zeigen sie mit erhöhter Häufigkeit auffällige Symptome, besonders Angst, Depressionen, Essstörungen, antisoziales Verhalten und Störungen der Verhaltenskontrolle.
Dem stellt die Fachstelle ein Bündel von Maßnahmen entgegen. So erhalten ErzieherInnen und PädagogInnen in Workshops Hinweise, wie sie derart gefährdete Kinder erkennen und mit ihnen umgehen können. Bereits 84 ErzieherInnen und PädagogInnen haben seit 2001 an der Fortbildung der Fachstelle teilgenommen. In einer Kindergruppe betreut das Projekt einmal in der Woche Kinder mit suchtkranken Eltern.
»Wir schauen auf die Stärken des Kindes«, erklärt Ursula Castrup von der Fachstelle. Die sind nämlich durchaus vorhanden. Derartige Kinder würden im Kindergarten oder in der Schule sogar positiv auffallen, weil sie sich um vieles kümmern, das Geschirr abräumen und den Mülleimer leer machen. Dahinter steckt, dass die Kinder zu Hause bereits früh ganz praktisch Verantwortung übernehmen müssen. Wichtig für die Kinder sei, dass sie Rituale erfahren, ergänzt Saskia van Oosterum, ebenfalls von der Fachstelle für Suchtvorbeugung. Die alltägliche Gute-Nacht-Geschichte, der wöchentliche Spaziergang: Ereignisse, die den Kindern Vertrauen und Sicherheit geben. Kinder aus suchtbelasteteten Lebenszusammenhängen bräuchten klare Strukturen und Rollen, ergänzt van Ossterum.