Zahlen zu einem düsteren Kapitel deutscher und Bielefelder Geschichte
Zahlen zu einem düsteren Kapitel deutscher und Bielefelder Geschichte
Rüstungs- und Kriegsproduktion in Bielefeld
Ukrainische Zwangsarbeiterinnen der Dürkopp-Werke vor ihrem Lager auf dem Johannisberg. Die junge Frau in der Mitte trägt das Abzeichen "Ost".
Die Branchenstruktur (1. Metall, 2. Wäsche/Bekleidung, 3. Bau, 4. Textil) prädestiniert Bielefeld als ein Unterzentrum der Rüstungsproduktion, beginnend schon 1934. Zum Beispiel Dürkopp: 1933 774 Beschäftigte, 1939 3983 Beschäftigte, Rüstungsanteil von 4 % 1934 auf 52% 1939.
Zum Beispiel Ruhrstahl (heute Thyssen): von 1934 224 Beschäftigte auf 1939 1580 Beschäf-tig-te mit einem spektakulären Investitionsprogramm und bereits starkem Rüstungs-anteil. Weitere starke Expansion im Krieg: Dürkopp auf 5954 Beschäftigte (1945), Ruhrstahl auf 2400 Beschäftigte (1943).
Zwangsarbeiter: in der Rüstung und überall
In 12 großen Rüstungsbetrieben der Metallbranche in Bielefeld waren im Schnitt 1944 33% aller Beschäftigten Kriegsgefangene bzw. zivile ZwangsarbeiterInnen.
Zweiter "Großverbraucher" von Zwangsarbeitskraft war die Landwirtschaft.
In geringerem Ausmaß waren sie überall: in den anderen Industriebranchen, bei Bahn und Post, bei der Stadt (Stadtwerke, Trümmerräumung, Bunkerbau), in Krankenhäusern, in kirchlichen Einrichtungen (v. Bodelschwinghsche Anstalten Bethel), im Handwerk und Kleinstbetrieben: Café, Kino, Wäscherei. In Privathaushalten ("Dienstmädchen").
Insgesamt wird die Zahl der Zwangsarbeiter in Bielefeld auf etwa 12 000 geschätzt.
Rassistische Hierarchie
Aus einer Aufschlüsselung der ZwangsarbeiterInnen in Brackwede:
Gesamtzahl: 3938 (davon 537 Kriegsgefangene)
davon: 2666 aus der Sowjetunion (bzw. einige aus Polen)
1272 "Westarbeiter" v.a. aus Frankreich (und Belgien, Niederlande)
Polen und Menschen aus der Sowjetunion waren durch ein Abzeichen "P" bzw. "OST" als "minderwertig" gekennzeichnet, Franzosen galten als "fremdvölkisch", Niederländer als "germanisch".
Frauen, Jugendliche, Kinder
Verschleppt wurden junge Arbeitskräfte und aus Polen und der Sowjetunion vor allem auch Frauen. Fast 60% der aus der ehemaligen Sowjetunion und aus Polen kommenden Arbeitskräfte in Brackwede waren Frauen, unter den "Westarbeitern" waren nur wenige Frauen.
Die meisten waren sehr jung. Im Amt Heepen waren 40% der Zwangsarbeitskräfte bei der Verschleppung zwischen 14 und 18 Jahren. Bei der Spinnerei Vorwärts ist sogar eine Achtjährige registriert, bei Kammerich (Mannesmann) eine Zehnjährige.
Aus dem Osten wurden teilweise auch ganze Familien verschleppt: Im "Familienlager" bei dem Dürkopp-Betrieb in Künsebeck befanden sich am Ende 221 Kinder. Die Gesamtzahl der im Lager verstorbenen Kinder war 41.
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