Forums-Diskussion
mit Dr. Godehard Franzen, Vorsitzender des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses des Bielefelder Stadtrats, vom 17. bis 23. Mai zu Fragen der Lokalen Agenda 21, Umweltpolitik, Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung in der Lokalpolitik in Bielefeld.
Lokale Agenda 21
von WEBWECKER-BIELEFELD (Dr. Wolfgang Föste) am 16.Mai.2001 20:20
Hallo Herr Dr. Franzen,
vielen Dank, dass Sie sich als erster Bielefelder Politiker für diese Forums-Diskussion zur Verfügung stellen. Der WEBWECKER-BIELEFELD wünscht eine anregende Diskussion.
Die Lokale Agenda 21 ist in Bielefeld im vergangenen Jahr, nachdem Bürgergruppen mehr als zwei Jahre an Projekten gearbeitet hatten, von der bürgerlichen Mehrheit im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss und Rat der Stadt regelrecht abgewürgt worden. Sie köchelt derzeit auf Sparflamme. Wie könnte man sie beleben? Reichen Projekte wie "Fairschenk Blumen!", die eher an ein aufgeklärtes Konsumverhalten appellieren, für eine Lokale Agenda 21 in Bielefeld aus? Nach dem Geist der UN-Konferenz von Rio im Jahr 1992 ist die Lokale Agenda 21 klar auf mehr politische Bürgerbeteiligung ausgerichtet.
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 17.Mai.2001 07:58
Hallo Herr Föste,
liebe Besucherinnen und Besucher der Webwecker-Webseite,
es ist eine tolle Idee von webwecker, ein solches Forum anzubieten. Ich freue mich, dass ich beim Start mitwirken darf. Ich habe mir vorgenommen, in dieser Woche alle Fragen schnell, offen und ehrlich zu beantworten. Ich will versuchen, typisches Polit-BlaBla zu vermeiden.
Und nun zur Frage nach der Zukunft der Lokalen Agenda in Bielefeld. Das Projekt `Fairschenk Blumen´ ist ein spannendes Projekt, aber es wird den stockenden Agenda-Prozess in Bielefeld allein nicht wieder in Gang bringen.
Wenn ich ein Patentrezept wüsste, um den Agenda-Prozess wiederzuleben, ich hätte es längst in die Diskussion gebracht. Aber ich sehe drei Ansatzpunkte, die helfen könnten:
-- Alle Akteure sollten noch einmal kritisch/selbstkritisch analysieren, worin die Schwächen des Bielefelder Agenda-Prozesses lagen, Schwächen, die möglicherweise auch zu den betrüblichen Abstimmungen des letzten Jahres im UStA und im Rat geführt haben. Nach meiner Auffassung war eine entscheidende Schwäche, dass im Agenda-Prozess von Anfang an wichtige gesellschaftliche Gruppen nur schwach oder gar nicht vertreten waren: die Kirchen, die Gewerkschaften, die gewerbliche Wirtschaft ... Man muss mehr Akteure aus diesen gesellschaftlichen Gruppen gewinnen. Es wäre einen Versuch wert, auf einer gut vorbereiteten Veranstaltung mit einem prominenten, parteipolitisch unverfänglichen Referenten diese gesellschaftlichen Gruppen zusammenzubringen und um Mitarbeit bei der Agenda zu werben.
-- Beim Kesselbrink nehme ich seit dem Juni des letzten Jahres Veränderungen bei den Akteuren in Politik, Verwaltung und anderen wichtigen Organen wahr. Es gibt über die Parteigrenzen hinweg zunehmend die Einschätzung, dass es den `großen Wurf´ für die Gestaltung des Kesselbrink absehbar nicht geben wird. Es mehren sich aber zugleich die Stimmen, die eine schnelle Umgestaltung des Kesselbrink mit einfachen Mitteln zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität fordern. Das Foto in der NW, das kürzlich den alten parkähnlichen Kesselbrink zeigt, ist auf breite Resonanz gestoßen. Es lohnt sich also, die Vorschläge der Agenda-Gruppe erneut ins Gespräch zu bringen, Bündnispartner und neue Wege zur Umsetzung zu suchen.
-- Der Projektvorschlag, in Bielefeld einen Bauernmarkt mit ökologischen Produkten aus der Region einzurichten, ist im letzten Jahr ohne große Diskussion abgelehnt worden, so als sei es ein Nischenvorschlag aus der Ökoecke. Nach der BSE-Krise und der Diskussion um den Umbau der Landwirtschaft erhält dieser Projektvorschlag jetzt eine ganz andere Bedeutung. Er sollte wieder aufgegriffen werden.
Es gibt sicher weitere Ideen. Ich freue mich auf eine anregende Diskussion.
von Dieter Mergelkuhl am 17.Mai.2001 11:22
Hallo Herr Dr. Franzen,
Wir die Senioren der IGMetall Bielefeld hatten vor längere Zeit eine Veranstaltung im Naturfreunde-Haus in Ubbedissen wo der Kollege Niekamp uns über die AGENDA21 unterrichtete, es sollte eigentlichder Kollege kommen der das Projekt leitete aber zu unseren bedauern war dieser FREIGESETZT (entlassen) worden.Wir waren dort mit 80 Personen vertreten und sprachen über das Opjekt Agenda21 was im Vordergrund stand war der Kesselbrink wo auch eine SKISSE bzw. VORLAGE da war alle Anwesende waren der Meinung das es eine gelungende Sache ist wenn das zum tragen kommen würde,denn es sind alles Kollegen /innen die den Kesselbrink aus der alten Zeit kennen.Man sollte auch den Mitwirkenden an diesen Projekt eine Chance geben, denn jeder freut sich wenn seine Arbeit Früchte trägt.Herr Dr. Franzen es wäre auch denkbar das Sie bei uns IGMetallern den Senioren mal Vorstellig würden um das Projekt Agenda21 weiter zubearbeiten oder AUFLEBEN lassen.
HomePage www.diemerg.de
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 17.Mai.2001 12:56
Hallo Herr Mergelkuhl,
selbstverständlich komme ich gerrne zu den IG-Metall-Senioren, um über die Lokale Agenda 21 und vielleicht auch weitere Themen aus der Umwelt- und Stadtentwicklungspolitik zu diskutieren. Rufen Sie mich bitte wegen eines Termins an (451102).
von WEBWECKER-BIELEFELD am 18.Mai.2001 10:19
Gut, dass ein altgedienter Gewerkschafter die Lokale Agenda 21 für wichtig hält. Bisher hat es allerdings an der Unterstützung der Agenda von Gewerkschaftsseite gefehlt. Wie könnte man die Gewerkschaften in Bielefeld für die Unterstützung dieser Form der politischen Bürgerbeteiligung in der Stadt gewinnen?
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 20.Mai.2001 17:09
Die Frage, wie man die Gewerkschaften für den Agenda-Prozess gewinnen kann, habe ich liegen lassen, weil mir dazu, ehrlich gesagt, keine zündende Idee eingefallen ist.
Die Gewerkschaften haben sich bisher in Bielefeld an der Lokalen Agenda (fast) nicht beteiligt. Das ist übrigens in vielen anderen Städten nicht anders. Noch in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hatte bei den Gewerkschaften das Thema "Versöhnung von Ökologie und Ökonomie" einen hohen Stellenwert. Aber schon zu Beginn der 90er Jahren -- die Rio-Konferenz fand 1992 statt -- drängten sich andere Fragen in den Vordergrund: hohe strukturelle Arbeitslosigkeit, Globalisierung, Deregulierung und Liberalisierung im gesamten gewerblichen Bereich, New Economy ... Die Gewerkschaften haben mehr als genug damit zu tun, sich in diesem Bezugsrahmen neu zu orientieren und zu organisieren. Das mag erklären, warum die Gewerkschaften sich beim Agenda-Prozess so zurückgehalten haben.
Das Interesse der Gewerkschaften wird man nur gewinnen können, wenn deutlicher wird, dass es bei der lokalen Agenda nicht "nur" um die Fortsetzung der Umweltbewegung der 70er und 80er Jahre unter einem anderen Etikett geht, sondern dass es um mehr geht. Die Lokale Agenda zielt auf eine nachhaltige Entwicklung ab, die die drei Faktoren -- Ökologie, Ökonomie, Sozialstruktur -- gleichermaßen berücksichtigt. Wenn deutlicher wird, dass es bei der Lokalen Agenda neben der Ökologie auch um "nachhaltige Ökonomie" und eine "nachhaltige Sozialstruktur" in unserer Stadtgesellschaft geht, werden sich Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter mehr für die Lokale Agenda interessieren. Das muss berücksichtigt werden, wenn der Prozess in Bielefeld wiederbelebt werden soll.
Kesselbrink-Gestaltung
von WEBWECKER-BIELEFELD am 17.Mai.2001 16:10
Herr Franzen,
gut zu hören, dass sich viele politisch Verantwortliche in Bielefeld inzwischen vorstellen können, dass der Kesselbrink ein Ort mit "Aufenthaltsqualität" in Bielefeld werden könnte. Gibt es Pläne, den Kesselbrink in absehbarer Zeit mit Bürgerbeteiligung neu zu gestalten?
Vielleicht könnte man das Thema Kesselbrink zu einer neuen Auftaktveranstaltung zur Lokalen Agenda 21 in Bielefeld - schon im Herbst - machen. Es müsste eine medienwirksame Veranstaltung sein, denn die Bielefelder Medien schreiben das Thema "Agenda" sehr klein. In Bielefeld könnte man angesehene Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen u.a. gewinnen, die eine Art Patenschaft für ihren "Agendabereich" übernehmen; für die Auftaktveranstaltung sollte man hochkarätig beispielsweise NRW-Bauminister Dr. Michael Vesper oder UNEP-Exekutivdirektor Prof. Klaus Töpfer (die Lokale Agenda 21 geht auf eine UN-Konferenz zurück) gewinnen.
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 17.Mai.2001 19:41
Pläne, besser: politische Beschlüsse, den Kesselbrink in absehbarer Zeit mit Bürgerbeteiligung neu zu gestalten, gibt es derzeit nicht. Die SPD-Fraktion hat im UStA und im Rat verschiedene Anläufe unternommen, solche Beschlüsse herbeizuführen. Zuletzt hatten wir beantragt, dass Bielefeld sich mit dem Kesselbrink um Teilnahme an dem 50-Plätze-Förderprogramm bewerben solle, das Minister Vesper angekündigt hat. Das alles hat keine Mehrheit im UStA oder im Rat gefunden. Warum finden solche Anträge nicht die Unterstützung der bürgerlichen Mehrheit im Rat? Die Gründe sind schwer auszumachen: unklare eigene Zielvorstellungen; Skepsis gegenüber neuen offenen Bürgerbeteiligungsverfahren; Verteidigung von PKW-Stellplätzen um jeden Preis ... Derzeit halte ich weitere Initiativen aus dem politischen Raum für wenig aussichtsreich. Für wichtiger halte ich im Moment, dass die Agenda-Gruppe Kesselbrink nach weiteren Partnern aus dem öffentlichen Raum sucht: Einzelhandelsverband, Verkehrsverein, Bielefeld Marketing, Architekten/Stadtplaner, Stadtsportbund ... Darauf aufbauend könnte ein Runder Tisch mit Politik helfen, eine gemeinsame Linie zu finden. Mir persönlich wäre dann ein Planungsprozess sehr sympathisch, wie ihn die Stadt Essen mit der Perspektivenwerkstatt zur Neugestaltung des Berliner Platzes ausprobiert hat.
Eine große, medienwirksame `Wieder-Belebungs-Veranstaltung´ wäre sehr gut. Aber ich glaube nicht, dass der Kesselbrink dafür der richtige Aufhänger wäre. Im März 2000 hat es das große NW-Forum zum Kesselbrink mit viel Prominenz gegeben. Das lässt sich nicht wiederholen oder toppen. Der Agenda-Gedanke verdient es auch, dass eine solche öffentliche Veranstaltung thematisch breiter gefasst wird. Herr Töpfer wäre sicher 1. Wahl als prominenter Redner für eine solche Veranstaltung.
Ich finde übrigens nicht, dass die Medien das Thema Lokale Agenda in den letzten Jahren klein geschrieben haben. Die NW beispielsweise hat sich viel Mühe gegeben, mit der Serie über die 21 Agenda-Familien den Agenda-Gedanken ihren Leserinnen und Lesern nahe zu bringen. Nach den ablehnenden UStA- und Ratsbeschlüssen zu den einzelnen Projekten der Arbeitsgruppen ist dann allerdings das Thema Lokale Agenda fast vollständig aus den Medien verschwunden, verständlicherweise.
von WEBWECKER-BIELEFELD am 18.Mai.2001 10:27
Kann man nur hoffen, dass viele der in der Agenda-Gruppe zum Kesselbrink aktiven BürgerInnen diesen Appell lesen und sich neue Bündnispartner für eine Neugestaltung des Kesselbrinks suchen.
Schade, dass es keinen Neustart für das Projekt Kesselbrink von Stadtrat oder UStA geben wird.
Aber vielleicht bringen Sie, Herr Franzen, demnächst die Idee einer medienwirksamen Neubelebung der Lokalen Agenda 21 in Bielefeld im UStA und Stadtrat ein?
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 18.Mai.2001 15:29
Noch einmal eine kurze Anmerkung zum Kesselbrink. Zur Zeit wird ja das berüchtigte Loch vor der Volksbank verfüllt. Es passiert also im Moment etwas, wenn auch mit sehr bescheidenem Anspruch. Daran könnte doch die AG Kesselbrink anknüpfen, um das Thema wieder in die Öffentlichkeit zu bringen. Für entscheidend halte ich die Frage, wie man den ruhenden Verkehr auf dem Kesselbrink neu ordnen kann. Wieviele Stellplätze an der Oberfläche sind unverzichtbar? Auf wieviele kann verzichtet werden? Können Stellplätze verlagert werden? Wenn es auf solche Fragen schlüssige Antworten gibt, die auch von den betroffenen Akteuren (Einzelhändler, Gastronomen, Marktbeschicker ...) mitgetragen werden, wird man auch im politischen Raum weiterkommen. Ich traue der Agenda-Gruppe zu, dafür tragfähige Vorschläge zu entwickeln.
Die Idee, den Agenda-Prozess durch eine medienwirksame große Veranstaltung neu anzuschieben, werde ich in die politischen Gremien einbringen. Ideen zur Gestaltung einer solchen Veranstaltung sind jederzeit willkommen.
Umweltpolitik in Bielefeld
von WEBWECKER-BIELEFELD am 19.Mai.2001 09:58
Es gibt Anzeichen dafür, dass der Umweltschutz in der Politik des Stadtrates und seltsamerweise auch im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss ins Hintertreffen gerät: Es soll nur einen sehr reduzierten autofreien Tag im September geben (das Auto wird aber in einer Altstadt-Show zelebriert), Bäume auf der Sparrenburg werden gefällt, die Lokale Agenda 21 gerät ins Abseits, das neue Museum für Natur und Umwelt wird nicht gebaut, die Schadstoffmessung an Bielefelder Straßen sollte reduziert werden, in Baugebieten sollen wieder - wenig flächenschonend - mehr Einzelhäuser gebaut werden. Eine ansehnliche Liste negativer Umweltpolitik in Bielefeld in kurzer Zeit durch die Ratsmehrheit von CDU, BfB und FDP. Hat die Umweltpolitik in Bielefeld noch einen nennenswerten Stellenwert? Und was sind die Ideen der SPD zum Umweltschutz in der Stadt?
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 19.Mai.2001 11:57
Um die Umweltpolitik in Bielefeld muss man sich in der Tat Sorgen machen. Die Negativ-Liste lässt sich übrigens noch erheblich verlängern, z.B. Aushöhlung der Baumschutzsatzung oder Abschaffung des Verkehrsbeirats und des Energiebeirats. Für besonders gravierend halte ich den Richtungswechsel in der Verkehrspolitik. Vor allem die CDU versucht, den weiteren Ausbau des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) und der Radwege zu be- bzw. verhindern. Das lässt sich an ganz vielen Beispielen belegen.
Die drängenden Themen in der Umweltpolitik haben sich in den letzten zehn Jahren stark verschoben. Themen wie Abfall und Abwasser, die jahrelang die umweltpolitische Diskussion beherrschaft haben, sind in den Hintergrund getreten. Nach Auffassung der SPD sind es -- neben dem konfliktträchtigen Thema des Flächenverbrauchs -- vor allem zwei Bereiche, die zur Lösung große Kraftanstrengungen erfordern: die Umweltbelastungen durch den Verkehr und der Klimaschutz.
Die notwendige Mobilität zu sichern, aber zugleich die negativen Auswirkungen des Verkehrs (Abgase, Lärm, Flächenverbrauch) zu begrenzen, kann nach Überzeugung der SPD nur gelingen, wenn wir den ÖPNV weiter ausbauen und das Radfahren in unserer Stadt attraktiver machen. Deshalb sind für uns die Stadtbahnverlängerungen nach Theesen und nach Hillegossen und der Ausbau der Sennebahn unverzichtbar. Alle drei Projekte stehen im Ausbauprogramm des Landes, sie werden vom Land mit über 90% gefördert. Es gibt weitere wichtige Maßnahmen wie die Einführung von AST-Verkehr in Senne und Jöllenbeck; das ist bisher leider am Widerstand der bürgerlichen Mehrheit gescheitert. Beim Radwegebau hat Bielefeld in den letzten Jahren aufgeholt, aber die Prioritätenliste für weitere Maßnahmen ist lang. Deshalb müssen wir weiterhin mindestens 500.000 DM pro Jahr gezielt für Radwegebau ausgeben; wie in den letzten Jahren.
Beim Klimaschutz sieht die SPD große Potentiale bei der Altbausanierung. Die SPD fordert deshalb ein kommunales Förderprogramm zur Altbausanierung. Ein solches Förderprogramm könnte gemeinsam mit den Stadtwerken und der Sparkasse entwickelt werden. Andere Städte haben damit gute Erfahrungen gemacht. Ein positiver Nebeneffekt: es gäbe Aufträge für das Baugewerbe und das Handwerk, die ja derzeit sehr unter der schwachen Konjunktur leiden. Nach Erfahrungen aus anderen Städten kann man mit einem Fördervolumen von 3 Mio DM pro Jahr Investitionen von mindestens 15 Mio DM pro Jahr anstoßen. Das lohnt sich für das Handwerk und den Klimaschutz.
von Ursula Wenzel am 19.Mai.2001 20:54
Herr Franzen,
auch ich bin über die Aushöhlung der Baumschutzsatzung besorgt. Ich möchte Sie bitten, mit den Politikern und Politikerinnen im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss noch einmal über eine zeitgemäße Baumschutzordnung zu diskutieren, um auch einzelne Bäume in der Stadt besser schützen zu können.
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 19.Mai.2001 22:42
Frau Wenzel,
ich nehme Ihre Anregung gerne auf. Aber die Chancen für eine Verbesserung des Baumschutzes sind nahezu gleich null.
Leider ist der Schutz für Nadelbäume, Birken und Erlen aufgehoben worden. Das gilt auch für Stadtbild-prägende Einzelbäume. Die CDU ist in diesem Punkt nicht gesprächsbereit. Die Bürgergemeinschaft strebt sogar eine gänzliche Abschaffung der Baumschutzsatzung an. Dann wären nicht einmal mehr Stadtbild-prägende Eichen, Buchen, Ahorne, Linden, Kastanien ... geschützt.
von WEBWECKER-BIELEFELD am 20.Mai.2001 10:26
Die Liste eines aktiven Umweltschutzes ist also lang, aber im Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss hängt der Haussegen schief. Es kommt kaum noch zu kooperativer Arbeit der PolitikerInnen der Parteien. Was ist zu tun, dass die Fragen der Verkehrspolitik, des ÖPNV und des Klimaschutzes in gemeinsamer Anstrengung für die Menschen in der Stadt angefaßt werden?
Aber gehen wir einmal an den Rand der Stadt Bielefeld. Nach Stieghorst. Dort scheinen auch die Bezirksvertreter der SPD das Wort Umweltschutz noch nie gehört zu haben. Auf und um dem Gelände der früheren Firma Bertelsmann&Niemann soll auf einem Gelände von acht Hektar neue Gewerbe- und Wohnbebauung entstehen. Dabei soll ein Wäldchen von einem Hektar Fläche für diese Bebauung ganz und gar abgeholzt werden. Man kann es kaum fassen. Laut NW war bei dieser Planung Ihrem Partei- und Ratskollegen, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bezirksvertretung Stieghorst, Hans-Dieter Koch nur der Erhalt des Parkplatzes am Jibi-Markt wichtig. Und eine Parteikollegin unterstützte, es gebe dort sowieso zu wenige Parkplätze. Können Sie Einfluss auf dieses unzeitgemäße Denken und Handeln nehmen und das Wäldchen retten helfen? Ein solcher Baumbestand ließe sich doch gut in eine moderne Bebauung integrieren.
Sehen Sie auch die Gefahr, dass aufgrund der unterschiedlichen Bevölkerungsstruktur sich manche Bezirke in Bielefeld einbetonieren, während sich andere eine gute Umwelt schaffen? Wie könnte man ausgleichen und gute Wohn- und Lebensbedingungen für alle Menschen in Bielefeld schaffen?
Können Sie noch kurz die Frage des WEBWECKER-BIELEFELD vom 18.5. zur Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften in der Lokalen Agenda 21 kommentieren.
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 20.Mai.2001 16:25
Die Aufregung um die Bebauung des Geländes der stillgelegten Fabrik Bertelsmann und Niemann kann ich nur bedingt nachvollziehen. Dass dieses Gebiet in unmittelbarer Nähe des Stieghorster Zentrums wieder baulich genutzt wird, ist städtebaulich sinnvoll. Es ist auch unter umweltpolitischen Gesichtspunkten sinnvoll, weil durch eine solche Art der städtebaulichen Innenentwicklung die In-Anspruch-Nahme von Freiflächen auf der grünen Wiese vermieden wird. Auch das städtebauliche Konzept für den Bebauungsplan "Stieghorst Zentrum" halte ich für sinnvoll: wohngebietsverträgliche gewerbliche Nutzung entlang der Stieghorster Straße, Wohnnutzung dahinter.
Die Konzeption sieht in der Tat vor, dass ein Teil des Gehölzbestandes im Norden weichen soll. Daran entzündet sich Protest. Das finde ich auch verständlich. Das wird man im weiteren Verfahren noch einmal genauer prüfen müssen. Schließlich befinden wir uns erst am Anfang des Bebauungsplanverfahrens. Nach meinen bisherigen Ortskenntnissen hatte ich den Baumbestand als nicht besonders wertvoll eingeschätzt. Aber da kann ich mich irren. Ich werde mich dazu vor Ort noch einmal sachkundig machen.
Die Diskussion in der Bezirksvertretung Stieghorst habe ich nicht miterlebt. Insofern kann ich dazu, insbesondere auch zu einzelnen, in der Presse wiedergegebenen Äußerungen, nicht Stellung nehmen.
Dass der Umweltschutz in den einzelnen Bielefelder Stadtbezirken einen unterschiedlichen Stellenwert hat, mag sein. Dies aber an der Diskussion um den Bebauungsplan Stieghorst-Zentrum festzumachen, halte ich für unangemessen. Für das größere Problem halte ich, dass die einzelnen Stadtbezirke sehr unterschiedliche Lasten im Interesse der Gesamtstadt tragen müssen. Und da zählt Stieghorst zu den Stadtbezirken, den hinsichtlich Verkehr und Gewerbe viel zugemutet wird.
Stadtentwicklung
von WEBWECKER-BIELEFELD am 21.Mai.2001 10:56
Das neue Bahnhofsviertel beispielsweise scheint kein Ort zum Verweilen zu sein. Anfang des Jahres wollte Ratsherr Hartmut Meichsner (CDU) in der Bezirksvertretung Mitte nicht einmal die politische Verantwortung für das neue Viertel übernehmen. Hat die Politik ihren Einfluss auf die Stadtentwicklung ganz und gar verloren? Liegt Stadtentwicklung nur noch in der Hand der jeweiligen Investoren? Sicher bangen schon viele Verantwortliche, ob der Neumarkt mit Gastro-Ei von den Menschen in der Stadt angenommen wird. Warum bezieht man die BielefelderInnen nicht in die Stadtgestaltung ein? Instrumente wie das Community-Planning sind in anderen Groß- und Kleinstädten schon erprobt.
Wo liegen für Sie die Schwerpunkte der Stadtentwicklung in den nächsten Jahren und werden interessierte BürgerInnen aktiv mitplanen können?
von Godehard Franzen (SPD), UStA-Vorsitzender am 21.Mai.2001 20:29
Die Anmerkungen und Fragen zu "Stadtentwicklung mit Bürgerbeteiligung" sind sehr umfassend und nicht mit wenigen Sätzen abzuhandeln. Ich greife einige Aspekte heraus.
"Liegt die Stadtentwicklung nur noch in der Hand der jeweiligen Investoren?" fragt Webwecker. In der Tat haben Investoren einen erheblichen Einfluss auf die Stadtentwicklung. Es ist für den UStA und den Rat oft sehr schwer, das öffentliche Interesse dagegen zu behaupten. Auch wenn man das endgültige Ergebnis im Neuen Bahnhofsviertel noch nicht besichtigen kann, muss man als Politiker einräumen: in dem Entwicklungsprozess für das Neue Bahnhofsviertel ist das öffentliche Interesse zu kurz gekommen, das öffentliche Interesse an einer für die Bürgerinnen und Bürger attraktiven Gestaltung des öffentlichen Raumes. Es gibt sicher weitere Negativbeispiele. Positivbeispiele gibt es natürlich auch; sie werden aber weniger diskutiert. Gelungen war zum Beispiel die Kooperation mit dem Investor für den Westend-Tower (Stapenhorststraße). Das Nutzungskonzept passt, die Gestaltung des Bauwerks ist hervorragend. Das wird auch für den Eastend-Tower gelten, der zur Zeit im Sieker Loch entsteht. Hier hat die Politik nach der Pleite des ersten Investors jahrelang aus städtebaulichen Gründen dem Drängen von Investoren,